Fünf Tage wartete die Weltöffentlichkeit vergeblich auf die Bekanntgabe des Datums, an dem sich die 115 wahlberechtigten Kardinäle zur Wahl eines neuen Papstes hinter verschlossenen Türen zurückziehen werden. Die durch die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente und den Vorwurf der Geldwäsche gegen die Vatikanbank IOR ohnehin geschwächte vatikanische Kurie verlor dabei weiter an Einfluss.
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Die italienischen Kurienchefs hatten auf einen raschen Beginn der Papstwahl gedrängt, um den Heimvorteil für eine Beeinflussung des Konklaves besser zu nutzen. Denn je mehr Zeit verging, desto besser wurden die Chancen für Papstwähler, eigene Mehrheiten unter Kardinälen zu organisieren, die mit den Verhältnissen im Vatikan bislang weniger vertraut waren.
Als eines der Hauptthemen der rund hundert Wortmeldungen von Kardinälen in der vergangenen Woche kristallisierte sich die Forderung nach einer Kurienreform heraus. Viele Erzbischöfe kritisierten römischen Zentralismus und mangelnden Kontakt zu den nationalen Bischofskonferenzen.
Kardinäle wollen den Geheimbericht zu Vatileaks lesen
Die schärfste Kritik an mangelnder Transparenz und Koordinierung der vatikanischen Kurie kam überraschend von mehreren Kurienkardinälen. Dabei blieb allerdings offen, wie eine Kurienreform konkret gestaltet werden sollte. Manche sprachen sich für mehr Eigenständigkeit der Bischofskonferenzen aus. Andere äußerten den Wunsch nach mehr Austausch zwischen dem Papst und den Kurienchefs in Form sogenannter regelmäßiger Tabellenaudienzen.
Die Hoffnung zahlreicher Purpurträger auf Informationen über den Geheimbericht der dreiköpfigen Kardinalskommission zu den Hintergründen der "Vatileaks"-Affäre wurde trotz hartnäckiger Anfragen enttäuscht. Als eine der Konsequenzen der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente forderten die Kardinäle jedoch einhellig, dass der künftige Papst über Führungsstärke und Durchsetzungskraft verfügen müsse. Neben Managerqualitäten muss der neue Pontifex nach Einschätzung der Wahlmänner überdies eine ausgeprägte Spiritualität mitbringen.
Vor allem US-Kardinäle machten sich bei den Versammlungen für eine Kurienreform stark. Auf heftige Kritik vor allem an Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone reagierten die bisherigen Kurienchefs, indem sie die Papstkandidatur des brasilianischen Erzbischofs Odilo Scherer fördern. Der deutschstämmige Kardinal war vor seiner Berufung zum Erzbischof von Sao Paolo an der vatikanischen Bischofskongregation tätig und gehört der Kontrollkommission der Vatikanbank IOR an.
Inhaltliche Unterschiede statt Lagerwahlkampf
Mit den übrigen Favoriten verbindet Scherer eine konservative katholische Grundeinstellung. Aber im Unterschied zur Papstwahl 2005 bestimmen weder nationale Grenzen noch Lagerdenken zwischen einem reformorientierten und einem konservativen Flügel die Vorbereitung. Konfliktlinien verliefen eher bei den Themen Kurienreform, Transparenz und Kollegialität in der Kirchenführung.
Vor acht Jahren waren sich die verschiedenen Lager allein in der Forderung nach Kontinuität einig. Diese konnte der damalige Kardinal Joseph Ratzinger am ehesten garantieren, hatte er doch bereits seit rund 20 Jahren als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation die Theologie seines Vorgängers geprägt.
Beim Konklave 2013 stellen US-Amerikaner elf Kardinälen und Deutsche mit sechs die nach den 28 Italienern größten nationalen Gruppen unter den Wahlmännern. Beide Gruppen bremsten Bestrebungen, das Konklave zu beschleunigen.
Ungeachtet zahlreicher Wortmeldungen in den Generalkongregationen und informellen Gesprächen hatten zahlreiche Kardinäle kurz vor dem Konklave noch keine Favoriten. Falls sich in den ersten Wahlgängen kein Kandidat durchsetzen sollte, gilt die Wahl eines Überraschungskandidaten als nicht ausgeschlossen. In den ersten Runden werden die Stimmen sich voraussichtlich auf den Mailänder Erzbischof Angelo Scola, den Brasilianer Scherer und einen amerikanischen Kandidaten verteilen. In einer zweiten Phase gelten die Kandidaturen von Außenseitern wie dem mexikanischen Kardinal José Robles Ortega, dem Wiener Kardinal Christoph Schönborn oder dem Ungarn Peter Erdö als aussichtsreich.