"Neues riskieren - ohne Blick zurück", das denken sich viele Rentner, die ihrer Heimat Deutschland den Rücken gekehrt haben, um in Spanien am Meer ein anderes Leben zu wagen. Zwei Auswanderer erzählen evangelisch.de von ihrer neuen Heimat.
Robert und Sofia: "Heimat ist heute für uns da, wo wir sind"
Foto: Lena Uphoff
Robert und Sofia: Zuhause in Oliva an der Costa Azabar.
"Meine Frau und ich sind nach meiner Pensionierung im Jahr 2000 gemeinsam nach Spanien, an die Costa Azahar (Orangenblütenküste), nördlich angrenzend an die Costa Blanca, gezogen. Vorher lebten wir in Bad Driburg in der Nähe von Paderborn in gebirgiger und waldreicher, aber auch kühler und regnerischer Umgebung. Hauptsächlich lockten das warme und trockene Klima, die damals noch günstigen Preise und die fremde Kultur in Spanien. Dass unser Sehnsuchtsort die Costa Blanca wurde war Zufall. Wir machten vorher ein Erkundungsfahrt entlang der spanischen Südküste und rasteten mal hier, mal dort. Weiter nördlich unseres jetzigen Wohnortes war es uns zu kalt, weiter südlich zu heiß und trocken. Hier leben wir inmitten von immergrünen Orangenplantagen bei mildem Klima, rund zwei Kilometer von der Küste entfernt. Außerdem gefiel meiner Frau der Ortsname 'Oliva' besonders gut. Wir haben es lange und gründlich überlegt und als es möglich war, unser Haus langfristig zu vermieten, fassten wir den endgültigen Entschluss. Wir kauften bei Oliva eine kleine, renovierungsbedürftige Finca, damals noch ohne Leitungswasser, und beauftragten einen Spediteur für den Umzug. Unsere Freunde hielten uns für abenteuerlustig und risikofreudig, vielleicht auch für etwas verrückt... Inzwischen freuen sich Verwandte und Bekannte aber auch über die Möglichkeit, uns hier zu besuchen.
Foto: Lena Uphoff
Die Terrasse der Beiden: Der Garten grenzt an.
Angst vor diesem Schritt hatten wir keine. Da wir im Winter kamen und sehr viel am Haus zu renovieren war, blieb am Anfang für Urlaubsgedanken wenig Zeit. Wir haben unseren Umzug aber auch nicht als Dauerurlaub, sondern als 'Weiterleben wie bisher in anderer Umgebung' aufgefasst. Oft hatten wir uns anfangs auch fremd gefühlt. Die andere Mentalität und eine andere Sprache führen manchmal zum Unverstehen. Wir leben hier fast wie in Deutschland, der tägliche 'Trott' ist ähnlich: Einkaufen, Haushalt, Gartenarbeit oder Behördengänge. Mittlerweile fühlen wir uns nicht mehr fremd.
Wir sind ziemlich integriert und betrachten uns nicht so sehr als Urlauber. Wir haben Kontakt zu unseren spanischen, englischen, deutschen und schweizer Nachbarn. Mehrmals waren wir in Deutschland und waren jedes Mal wegen des Wetters froh, wieder hier zu sein. Heimat ist heute für uns da, wo wir sind. Wir möchten in Spanien bleiben, so lange es gesundheitlich möglich ist. Nur im Notfall, etwa als Pflegefall, wollen wir zurück nach Deutschland. Seit unserer Ankunft hat sich Spanien sichtbar modernisiert und ist vielen deutschen Vorstellungen angeglichen. Man kann es bedauern, aber es erleichtert das Leben hier ungemein. (Gleiches Geld, Angleichung von Gesetzen, Einkaufsmöglichkeiten usw.). Wir vermissen fast nichts, es gibt fast alles - auch nach deutschem Geschmack. Wir hatten realistische Vorstellungen von unserem neuen täglichen Leben und diese sind eingetroffen. Darüber hinaus ist es immer wieder schön, das milde mediterrane Klima mit viel Sonne, den Mittelmeerstrand und die wunderschöne Landschaft genießen zu können. Alles in allem war es eine gute Entscheidung auszuwandern. Ohne jeden Vorbehalt."
Arnold: "Das Urlaubsgefühl verflog auch nicht - ich fühle mich frei"
Foto: Lena Uphoff
Arnold (87) hält Siesta in der Mittagszeit.
Es ist mir nie klargeworden, dass ich ausgewandert bin. Meine Frau hatte sich von mir getrennt und ich musste, um sie ausbezahlen zu können, unser Haus verkaufen. Ich wohnte und arbeitete im niedersächsischen Emsland. In Emsbüren in der Nähe von Lingen, wo ich 25 Jahre in einem Kraftwerk, teilweise im Kernkraftwerk, als Meß- und Regelmechaniker gearbeitet habe. Warum ich weg aus Deutschland wollte, war mir nicht klar. Beabsichtigt war die Costa Blanca als Zielort nicht. Wie ich meine Auswanderung vorbereitet habe? Ich habe nichts vorbereitet. Niemand hatte was gemerkt oder bemerkt. Ich bin einfach von einem Urlaub, den ich des Öfteren machte, entweder nach Frankreich oder nach Spanien, nicht wiedergekommen. Schwer ist mir dieser Schritt jedenfalls nicht gefallen. Anfangs fühlte ich mich wie im langen Urlaub. Fremd hingegen fühlte ich mich niemals. Das Urlaubsgefühl verflog auch nicht. Ich fühle mich frei.
Foto: Lena Uphoff
Arnolds großer Garten.
Zu einigen Deutschen, Spaniern und noch ein paar Anderen habe ich Kontakt. Einmal war ich in Deutschland. Das hat mir überhaupt nicht gefallen. Dort wo ich lebe, ist meine Heimat. Sehnsucht habe ich nach meiner Kinderzeit in Mecklenburg. Ich habe alles Plan und Ziellos gemacht. Ich bleibe hier, weil die Beerdigung hier billiger ist. Kopfzerbrechen bereitet mir der Gedanke, was aus mir wird, wenn ich mir allein nicht mehr helfen kann. Ich vermisse nichts. Es gibt alles und das spanische Bier ist mindestens genau so gut wie deutsches Bier. In jedem größeren Dorf gibt es Lidl oder Aldi, also auch genug dunkles Brot. Ohne Erwartungen bin ich in Spanien hängen geblieben und muss sagen: ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden."
Wie ich wohne? Ich lebe auf dem Lande, in der Nähe von Oliva 200 Meter vom Mittelmeer entfernt in einem kleinem Häuschen mit viel Land darum und vielen Pflanzen und Bäumen. Etwas blüht immer. Ich habe keinen Strom und keinen Wasseranschluss. Das Wasser hole ich mir aus der Erde und den Strom liefert mit die Sonne. Zusätzlich nutze ich einen Stromgeneratoren. In meiner Kindheit in Berlin hatte ich nur einen Traum. Einen Schrebergarten mit einer Laube. Weiter reichte mein Horizont damals nicht. Vielleicht bin ich darum auch so zufrieden. Ich lebe jetzt ununterbrochen 15 Jahre hier mit 300 Sonnentagen im Jahr und mindestens 10 bis 20 Grad höheren Temperaturen als in Deutschland. Zu meinen drei Söhne, neun Enkeln und einigen Urenkeln habe ich ein gutes Verhältnis. Alle kommen mich gerne besuchen."