Foto: epd-bild/Andrea Enderlein
Rabbiner Leo Trepp.
Leo Trepp: Aussöhnung als Lebensmission
Leo Trepp war jüdischer Rabbiner, Holocaust-Überlebender und Professor an einer evangelisch-theologischen Fakultät im Nachkriegs-Deutschland. Der christlich-jüdische Dialog hat dem vor 100 Jahren in Mainz geborenen Leo Trepp viel zu verdanken.
04.03.2013
epd
Karsten Packeiser

Seine Eltern überlebten die Nazi-Barbarei nicht; ihm selbst gelang buchstäblich in letzter Minute die Flucht in die USA. Dort, im Exil, wurde der letzte oldenburgische Vorkriegs-Landesrabbiner Leo Trepp zu einem international renommierten jüdischen Theologen - und zu einem Vorkämpfer für die Aussöhnung zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland. An diesem Montag wäre der 2010 im Alter von 97 Jahren verstorbene Trepp 100 Jahre alt geworden.

Die Heilige Schrift lehre, dass Kinder nicht für die Sünden ihrer Väter sterben dürften, lautete eine Lebensmaxime des gebürtigen Mainzers. "Immer mehr Deutsche teilen die Ansicht, dass die Nachgeborenen keine Schuld an den Verbrechen der Vorfahren haben, aber dass jeder Deutsche für den Kampf gegen den Antisemitismus verantwortlich ist", sagte er einige Jahre vor seinem Tod.

Mit dem Leben abgeschlossen

Die Ruinen seiner ausgebombten Heimatstadt hatte Trepp erstmals in den 1950er Jahren wieder gesehen, seither kam er regelmäßig nach Deutschland, um den Deutschen das Judentum nahezubringen. Als der Rabbiner in den USA in den Ruhestand getreten war, übernahm er als Honorarprofessor regelmäßig Vorlesungen für Mainzer Theologiestudenten. Selbst mit weit über 90 Jahren, als Trepp gesundheitlich stark angeschlagen und auf einen Rollstuhl angewiesen war, flog er noch regelmäßig nach Europa.

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"Vielleicht bin ich der einzige Rabbiner der Welt, der Mitglied der evangelisch-theologischen Fakultät einer Universität ist", sagte Trepp im Jahr 2005 im Mainzer Landtag, "das ist herrlich." Den Wandel der christlichen Theologie nach Auschwitz und den Verzicht der Kirchen auf antijüdische Ressentiments bezeichnete er als "eines der Wunder des 20. Jahrhunderts". Seine Zuhörer zog er nicht nur mit seiner tiefen und klaren Stimme in seinen Bann, sondern auch dank des Umstandes, dass er der letzte noch lebende Rabbiner war, der bereits vor dem Holocaust in Deutschland amtiert hatte.

Trepp wurde 1913 als Sohn eines tief religiösen Mainzer Papierhändlers geboren. Schon als Schüler erlebte er den allgegenwärtigen Antisemitismus. Zum Zeitpunkt von Hitlers Machtübernahme war er Student am Berliner Rabbinerseminar. Nach der Ordination kam er ab 1936 als Landesrabbiner nach Oldenburg, wurde aber bereits 1938 nach der Reichspogromnacht vorübergehend im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Obwohl er dort bereits mit dem Leben abgeschlossen hatte und fest damit rechnete, von einem Erschießungskommando ermordet zu werden, kam er wieder frei.

Deutschland - keine Heimat mehr

Weil der britische Oberrabbiner das rettende Visum für ihn organisieren konnte, gelangte Trepp mit seiner Frau über London in die USA, wo er später mehrere Jahrzehnte lang in Kalifornien als Gemeinderabbiner und Professor tätig war. Versuche, auch seinen Eltern die Flucht zu ermöglichen, scheiterten dagegen. Sein Vater starb noch in Mainz, die Mutter wurde in ein Todeslager deportiert. Nach dem Krieg erklärte der Rabbiner, wie unglücklich er sei, dass Deutschland nicht mehr seine Heimat sein könne.

Für sein Engagement erhielt Trepp eine Vielzahl von Ehrungen, neben dem Bundesverdienstkreuz war er Ehrenbürger von Oldenburg und Ehrensenator der Mainzer Gutenberg-Universität. "Er hat maßgeblich daran mitgewirkt, die Geschichte und die Kultur des Judentums in Mainz zu bewahren und an nachfolgende Generationen weiterzugeben", sagte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Zu seinem 100. Geburtstag wird in Oldenburg nun auch eine Straße nach ihm benannt - es ist die, an der auch die Oldenburger Synagoge liegt.