Gleiches Recht für die Homoehe? Ja, wenn sie in Uganda lebten, wo jemand die Todesstrafe für Homosexuelle einführen will! Ja, wenn sie in Russland wohnten, wo Dreiviertel der Bevölkerung Schwule für pervers und psychisch krank hält und die Duma gerade die Gesetze gegen sie verschärft hat! Aber bei uns haben sie doch schon so viel erreicht! Warum geben sie sich nicht zufrieden?
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Sie wollen die ganze Gleichberechtigung. Und das ist gut so.
In dieser Woche hat der Streit darüber die Koalition erwischt. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat als FDP-Ministerin ein Gesetz zur steuerlichen Gleichstellung der so genannten Homo-Ehen in der Schublade. Die CSU sträubt sich. Die CDU ist gespalten. Auf dem letzten Parteitag war sie noch dagegen. Nun aber hat das Verfassungsgericht ein Urteil gesprochen. Hans-Jürgen Papier, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, hat in dieser Woche erklärt, dass nach unserer Verfassung die Homo-Ehe steuerlich gleichgestellt werden müsste.
Die große Zusage von Gottes Liebe
Der Weg zur vollen Gleichberechtigung Homosexueller ist lang und steinig. Aber er muss unbedingt weitergegangen werden. Ich habe als Pfarrer viele Kinder getauft. Es ist wunderschön, ihnen zusagen zu dürfen, dass Gott sie liebt, dass er sie zu seinen Kindern erklärt mit einer unantastbaren Würde, die unbedingt und uneingeschränkt zu achten ist. Aber wenn diese Kinder eines Tages entdecken: "ich bin lesbisch", "ich bin schwul"? Bleiben wir Christen dann bei diesen großen Zusagen einer unantastbaren Menschenwürde?
Es gab Zeiten, da haben wir geglaubt: Gott liebt auch Homosexuelle, aber homosexuell leben ist Sünde. Oder: Homosexuelle sind krank, man muss sie therapieren! In unserer Evangelischen Kirche haben wir im Großen und Ganzen diese Ansichten überwunden. Heute gibt es bei uns homosexuelle Paare im Kirchendienst und in Pfarrhäusern. Sie werden kirchlich getraut. Allerdings mit einem kleinen diskriminierenden Abstrich wird diese Trauung Segnungsfeier genannt.
Aber wir sollten nicht stolz darauf sein, dass wir uns endlich bewegt haben. Wir sollten uns eher für vergangenes Unrecht entschuldigen. Mit vielen möchte ich es lernen, gleichberechtigt miteinander umzugehen, in jeder Weise. Dazu braucht es die gründliche, gesellschaftliche Debatte. Die Abgeordneten im Bundestag müssen die Gesetze dazu beschließen, auch katholische Abgeordnete.
Paulus würde heute anders schreiben
Die haben es schwer, weil sie wissen, dass ihre Kirche anderer Ansicht ist. Wahrscheinlich teilen sie die Ansicht ihrer Kirche. Wie sollen sie da per Gesetz die volle Gleichberechtigung vorantreiben?
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Das können sie nur, weil sie sich als "Abgeordnete für alle" und nicht als Sittenwächter verstehen. In ihrer Gesetzgebung werden sie darum auch Andersdenkenden das gleiche Recht gewähren wollen. Es fällt ihnen leichter, weil ihre Kirche ja die absolute Freiheit behält, Homosexualität religiös anders zu beurteilen.
Auch die Bibel, der Christen wichtigstes Buch, verurteilt Homosexualität scharf. Paulus nennt sie eine Sünde. Aber Paulus urteilt über Homosexualität aus seiner Zeit heraus. Er hat Homosexualität nur in einer sehr abstoßenden Weise kennengelernt. Paulus, der einen ganz wunderbaren Text über die Liebe geschrieben hat, würde sicher völlig anders über Homosexuelle denken, wenn er je erfahren hätte, dass es auch in Homo-Ehen echte und große Liebe füreinander geben kann.
Ich möchte die Gleichberechtigung für alle: theologisch wegen der Taufe, juristisch wegen der Verfassung, emotional aber wegen dem Glück, der Liebe und Treue, die in Homo-Ehen wie in andern Ehen erfahren und gelebt werden kann.