Foto: dpa/Michael Kappeler
Papst Benedikt XVI. winkt, mit dem Fischerring am Finger, am 27.02.2013 im Vatikan in Rom nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz den Gläubigen.
Von Momenten des Lichts und Wolken am Himmel
Die Kirchenglocken läuten, als der Hubschrauber abhebt: Papst Benedikt XVI. startet um 17.07 Uhr im Vatikan und trifft kurz darauf in der Sommerresidenz Castel Gandolfo ein. Sein Pontifikat ist Geschichte.
28.02.2013
epd
Bettina Gabbe

Während Papst Benedikt XVI. seinen letzten Arbeitstag  beginnt, picken Möwen im Schlamm, den der Tiber beim Dauerregen ans Ufer geschwemmt hat. Ihr Schreien wird auch nach dem Ende dieses Tages das vertraute Hintergrundgeräusch der Gegend rund um den Vatikan bilden. Vielleicht wird Benedikt es in den nächsten beiden Monaten, die er in der päpstlichen Sommerresidenz verbringt, ebenso vermissen wie andere Römer, die aus dem mittelalterlichen Stadtviertel Borgo am Petersdom weggezogen sind. In seinem späteren Altersruhesitz, im umgebauten Kloster Mater Ecclesiae in den vatikanischen Gärten, wird Benedikt aber die Rufe der Möwen wieder hören.
   
Kurz bevor der Papst sich am Donnerstagvormittag im Apostolischen Palast von jedem Kardinal persönlich verabschiedet, trainieren im Park an der Engelsburg am Ende der Prachtstraße zwischen Tiber und Petersdom Jogger bei strahlendem Sonnenschein. Dabei machen sie einen Bogen um einen der Reinigungswagen, die nach dem Massenandrang bei der Generalaudienz vom Vortag die Straßen rund um den Vatikan gefegt haben

Nur ein Augenzwinkern 

Eine junge Touristin aus Venedig liest an der Engelsburg ihrer Begleiterin aus einem römischen Reiseführer vor. Beide Frauen bedauern, dass sie nicht zur Generalaudienz konnten, denn sie hatten bereits eine Reservierung für die Galleria Borghese, die einstige Sammlung des kunstsinnigen Kardinals Farnese: "Aber heute werden wir von hier aus den Abflug des Papstes verfolgen."

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Wenig später versammeln sich rund 70 Kardinäle, die bereits nach Rom gekommen sind, um Mitte März Benedikts Nachfolger zu wählen, in der Sala Clementina im Apostolischen Palast und warten geduldig auf ihre letzte Begegnung mit dem scheidenden Papst. Als der 85-jährige Benedikt den mit Renaissance-Fresken geschmückten Saal betritt, brandet ihm noch einmal begeisterter Applaus entgegen.
   
Den Dank, den der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, ihm stellvertretend für die übrigen Kardinäle ausspricht, nimmt er mit tiefem Ernst an. Nur ein Augenzwinkern bringt Bewegung in das angesichts des historischen Moments fast finstere Gesicht. Dann dankt auch Benedikt den Kardinälen als seinem Beratergremium für die Unterstützung in den vergangenen Jahren.

Dem künftigen Papst verspricht er Gebet, Verehrung und Gehorsam

"In diesen acht Jahren haben wir auf dem Weg der Kirche sehr schöne Momente strahlenden Lichts und andere erlebt, in denen sich manche Wolke am Himmel zusammenzog", gesteht Benedikt ein. Mancher Kardinal betrachtet in der Wartezeit das Fresko der Kardinalstugenden an der Wand. In diesem Saal werden Päpste der Tradition gemäß nach ihrem Tod aufgebahrt, damit Kurienmitglieder ihnen die letzte Ehre erweisen können, bevor die Gläubigen zur Ehrerbietung in den Petersdom strömen.
   
Am Donnerstag tritt ein altersschwacher Papst mit wachem Geist vor die Kardinäle und fordert sie zur Einheit auf, wohl eingedenk der bevorstehenden Grabenkämpfe um die Nachfolge. Seinem Nachfolger, den die Purpurträger bald aus den eigenen Reihen wählen werden, verspricht Benedikt schon jetzt Gebet, Verehrung und Gehorsam.
   
Am späten Nachmittag nimmt Benedikt im Damasus-Hof des Apostolischen Palasts Abschied von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der nun zusammen mit Angelo Sodano, Dekan des Kardinalskollegiums, und den übrigen Kardinälen die Führung der Kirche übernimmt. Den kurzen Weg zum Hubschrauberlandeplatz legt Benedikt im Wagen zurück. Von dort lässt er sich zur päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo fliegen. Um 17.07 Uhr hebt der Hubschrauber ab.

Dank für die Gastfreundschaft

Als der Helikopter im päpstlichen Weiß hinter der Kuppel des Petersdoms erscheint, brechen Tausende Menschen auf dem Platz vor der Basilika in lauten Jubel aus. Die Glocken läuten - und es herrscht große Freude trotz des Abschieds von einem Papst, der mit seiner emotionalen Ansprache vom Vortag viele Römer für sich eingenommen hat, die der Kirche fern stehen.
  
Vor dem Papstpalast in Castel Gandolfo warten bereits die Bewohner des Bergstädtchens und mehrere Tausend Anhänger auf Benedikt, emfangen ihn mit "Benedetto"-Rufen. Von der Loggia des Palastes inmitten des malerischen Orts am Albaner See dankt der scheidende Papst ihnen ein letztes Mal für ihre Gastfreundschaft, um 17.40 Uhr geht er in das Gebäude und zieht sich damit aus der Öffentlichkeit zurück.

Die Schweizergarde zieht ihren Posten um 20 Uhr ab. Das Pontifikat ist zu Ende.