Gedenkgottesdienst an 70.Todestag der Geschwister Scholl am 22.02.2013 in der JVS Stadelheim.
© epd-bild/Michael McKee
Der ökumenische Gedenkgottesdienst wäre sicherlich im Sinne der jungen Widerstandskämpfer gewesen, den der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Gefängnis Stadelheim n Erinnerung an ihren Todestag vor 70 Jahren gestalteten. Das Foto vor dem Altar zeigt Hans und Sophie Scholl mit Christoph Probst (v.l.) 1942.
Das letzte Abendmahl der Geschwister Scholl
Bei dem evangelischen Pfarrer Karl Alt haben die jungen Geschwister Scholl in ihren letzten Stunden einen tiefen Eindruck hinterlassen. Als Seelsorger in dem berüchtigten Hinrichtungsgefängnis München-Stadelheim begleitete Alt, im Hauptberuf Gemeindepfarrer der nahe gelegenen Lutherkirche, Hans und Sophie Scholl am 22. Februar 1943 auf ihrem Weg zum Schafott.
22.02.2013
epd
Achim Schmid

In einem erbarmungslosen Schauprozess waren die Geschwister wegen ihres Widerstands gegen das NS-Regime zum Tode verurteilt worden. Bereits in der kurzen Verhandlung bewies Sophie Scholl mit ihren erst 21 Jahren großen Mut und Unbeugsamkeit: "Was wir sagten und schrieben, denken ja so viele. Nur wagen sie es nicht auszusprechen." Bereits vier Tage nach dem Prozess wurden die Geschwister, Kern der studentischen Widerstandgruppe "Weiße Rose", im Gefängnis unter der Guillotine ermordet.

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Nach einer kurzen religiösen Andacht seien die Geschwister gefasst in den Tod gegangen, fasste Alt seine Eindrücke später zusammen. Für den 24-jährigen Hans Scholl las der Pfarrer das berühmte "Hohelied der Liebe" aus dem Neuen Testament und den 90. Psalm "Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für" und reichte ihm das Abendmahl. Auch Sophie Scholl spendete Alt in ihrer Zelle das Abendmahl. Danach habe das junge Mädchen "aufrecht und ohne mit der Wimper zu zucken" noch einen letzten Gruß an den Bruder Hans ausgerichtet, der ihr mit den letzten Worten "Es lebe die Freiheit" zum Hinrichtungsort folgte.

Ein gemeinsames Abendmahl, das die Geschwister mit ihrem katholischen Freund Christoph Propst feiern wollten, verwehrten ihnen die Gefängnisgeistlichen. Immerhin konnten sie bei einer "letzten Zigarette", die ihnen wohl das Gefängnispersonal aus einer menschlichen Rührung zugestand, voneinander Abschied nehmen.

Erst in der Hitlerjugend und im BDM

Es wäre sicherlich im Sinne der jungen Widerstandskämpfer gewesen, dass in Erinnerung an ihren Todestag vor 70 Jahren der evangelische bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Münchner Kardinal Reinhard Marx gemeinsam einen ökumenischen Gedenkgottesdienst im Gefängnis Stadelheim gestalten. 

Im Gedenken an die Geschwister Scholl hielt Bundespräsident Joachim Gauck kürzlich an der Münchner Universität, einem der wichtigsten historischen Orte für die "Weiße Rose", eine Vorlesung. Niemand könne verlangen, dass andere Menschen zu Helden oder Märtyrern werden. Widerstand sei "nicht einfach da", sondern entstehe aus den Umständen, sagte Gauck.

Für Hans und Sophie Scholl war der Weg in den konsequenten Widerstand beileibe nicht vorgezeichnet. Die Geschwister, die in der evangelisch-liberalen Familie des Ulmer Wirtschaftsprüfers Robert Scholl aufwuchsen, waren anfangs durchaus angetan von der NS-Ideologie und mit großem Eifer bei der Hitlerjugend und dem "Bund deutscher Mädel" (BDM) dabei.

Dann die "Stärkeren im Geiste"

Schon bald gingen die jungen Scholls jedoch auf Distanz zum NS-Staat. Auslöser dafür seien Erlebnisse des jungen Hans Scholl als Sanitäter an der Front und die wachsende Bedeutung des christlichen Glaubens und humanistischen Denkens für die Geschwister gewesen, sagt der Friedensforscher Detlef Bald (München), der sich wissenschaftlich mit der "Weißen Rose" beschäftigt.

Dieses breite geistige Fundament führte die "Weiße Rose" schließlich in den aktiven Widerstand. Als sie am 18. Februar 1943 in der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität Flugblätter gegen Krieg und NS-Diktatur verteilten, wurden sie vom Hausmeister, einem SA-Mann, überrascht und verhaftet.

In ihrem todesmutigen Widerstand haben die Scholls auf "freiheitliche Grundwerte und demokratische Prinzipien" gesetzt, sagt Friedensforscher Bald. Die Scholls seien ohne politische Macht die "Stärkeren im Geiste" gewesen. Ihr Widerstand setze bis heute "Zeichen der Freiheit und Zeichen der Hoffnung".