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Filmkritik der Woche: "The Cabin in the Woods"
Im Disneyland des Grauens: "Buffy"-Erfinder Joss Whedon und Regisseur Drew Goddard präsentieren mit "The Cabin in the Woods" einen völlig überdrehten, satirischen Horrortrip.
05.09.2012
epd
Patrick Seyboth

Wozu Horrorfilme? Was ist es, das uns immer wieder diesen Kitzel suchen, mit den Protagonisten zittern und ihnen zugleich immer neue Schrecken wünschen lässt? Diese Fragen stehen laut Joss Whedon und Drew Goddard - seit der Kult-Fernsehserie "Buffy" erprobte Kollaborateure bei intelligenten Genrevariationen - im Zentrum von "The Cabin in the Woods". Und obwohl die Antworten nicht sonderlich präzise ausfallen, verwandeln sie ihren Horrorfilm mit ungewöhnlicher Konsequenz in ein Spiegelkabinett, eine wilde Mischung aus Geisterbahnfahrt und Metareflexion.

Von Anfang an etablieren sie zwei Ebenen. Die erste ist nur allzu vertraut. Fünf Jugendliche brechen zu einem Wochenende in einer Berghütte fernab der Zivilisation auf. Es ist das Stammpersonal des Teenie-Slasher-Films: der Sportler, die Hemmungslose, der etwas steife Intellektuelle, der spinnerte Kiffer und die nachdenklich-vorsichtige "Jungfrau". Schon auf dem Weg in den tiefen Wald deutet sich eine Bedrohung in Gestalt eines finsteren Hinterwäldlers an. In der Hütte mehren sich dann die bösen Vorzeichen, bis die Teenager im Keller neben anderem geheimnisvollem Plunder ein Tagebuch mit grauenvollen Schilderungen und einem lateinischen Text finden.

So weit, so überraschungsarm. Parallel dazu findet aber die Subversion dieses Plots statt, denn die Jugendlichen sind nicht allein. In einem geheimen Bunker ist ein großer Stab von Wissenschaftlern und Technikern - einer Behörde?, eines Unternehmens? - damit beschäftigt, jeden Schritt der Ahnungslosen auf Monitoren zu überwachen und die Ereignisse per Knopfdruck zu manipulieren.

Der Film enthüllt das schon in den ersten Szenen. Dadurch verzichtet er zwar auf ein Spannungsmoment, doch macht er das durch die Wendungen innerhalb dieser Konstruktion wett. Er konzentriert sich nun auf das Pingpongspiel zwischen dem Spukhütten-Motivkomplex und der paranoiden Fantasie, zwischen den erdig-blutigen Bildern vom Überlebenskampf der Jugendlichen und dem nüchternen Hightech-Ambiente des Bunkers. Süffisante Kommentare der Angestellten begleiten die Attacken von Monstern, die sie auf die Unschuldigen loslassen, und es wird auch die eine oder andere Wette abgeschlossen.

Blutige Sadismen innerhalb des Horrorthemenparks

Das Grauen ist für diese Puppenspieler ein Handwerk, bereitet ihnen aber auch Vergnügen - ebenso wie uns, den Voyeuren, die jenen Voyeuren über die Schulter schauen und sich sowohl an den blutigen Sadismen innerhalb des Horrorthemenparks als auch an den ironischen Brechungen erfreuen. Etwa am dienstlichen Small Talk von Richard Jenkins und Bradley Whitford als obersten Zeremonienleitern, die schon mal ein genervtes "Oh nein!" ausstoßen, als ihre gar nicht so dummen Opfer beschließen, zusammenzubleiben, weil sie gemeinsam natürlich stärker sind. Da müssen dann besondere Tricks her, um die Schäfchen schnell wieder auf den rechten Weg zu bringen: in den sicheren Untergang.

In den befremdlichen Wissenschaftlern kann man unschwer die Schöpfer von Horrorfilmen wiedererkennen, ihre Mühen und ihren Spaß daran, Figuren wie auch Zuschauer immer dahin zu bringen, wo sie sie haben wollen. Die Nabelschau, die das Horrorgenre ja immer wieder mal betrieben hat, treiben Whedon und Goddard hier auf die ironische Spitze, vermählen den "Tanz der Teufel" mit der "Truman Show" und machen Sigmund Freud zum stillen Trauzeugen.

Doch jede Macht hat Schwachstellen, jedes Kalkül birgt Unkalkulierbares. Wenn das seltsame Ritual im Film außer Kontrolle gerät, scheinen auch die Filmemacher die Zügel loszulassen und lachend zuzuschauen, wie ihre zwei Handlungsebenen in einem völlig überkandidelten Delirium kollidieren.