Die Suche der Neurowissenschaftler nach dem "god-spot", nach Gottes Ort im Gehirn, wird wohl erfolglos bleiben. Diese Ansicht teilten Naturwissenschaftler und Vertreter der christlichen und buddhistischen Theologie auf einer Tagung am Samstag in Frankfurt am Main. Doch der Regensburger Professor für angewandte Bewusstseinswissenschaften, Thilo Hinterberger, gestand zu: "Es ist noch Raum für Gott." Die Grundlage seiner Annahme: "Das Gehirn ist kein abgeschlossener Kasten."
Die Natur- und Geisteswissenschaftler waren sich auf der Tagung "Jesus, Buddha und Neuronen" einig, dass die menschliche Innenwelt und die Außenwelt, die subjektive und die objektive Sicht der Dinge ineinanderfließen. "Wenn wir über die Welt sprechen, sprechen wir nicht über die Welt außen, sondern über die Abbildung der Welt in unserem Gehirn", erklärte der Hirnforscher und Physiker Hinterberger. Auch das Bewusstsein des eigenen Ichs sei letztlich ein Bild, das der Mensch sich von sich mache.
"Die Wirklichkeit ist größer als Fakten"
Das gemeinsame Ziel der Bewusstseinsforscher, von Christen und Buddhisten sei die "Einheit, aus der sich das Leben gebiert", schlug Hinterberger vor. Die Theologen wollten sich jedoch nicht vereinnahmen lassen. "Die Wirklichkeit ist größer als Fakten", brachte der Münchner Philosoph, Theologe, Zen-Meister und Physiker Stefan Bauberger mit dem Beispiel der Liebe gegen die klassische Neurowissenschaft vor. Das religiöse Denken sei stärker von der Praxis geprägt, als dass sie Theorie sei. Dennoch würden Theologen heute deutlicher erkennen, dass es eine "materielle Basis des Bewusstseins" gebe.
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Der Umgang mit dem eigenen Bewusstsein entspreche einem "Ausgeliefertsein", beschrieb es der Würzburger Ökonom, Ingenieur und Philosoph Karl-Heinz Brodbeck als Vertreter der Buddhisten. "Wir sind Opfer unserer Gedanken." Daher rühre die Redeweise: "Mir kommt eine Idee." Die Ansicht, dass Dinge "in sich und aus sich" existierten, sei eine Illusion. Dies treffe auch auf neurowissenschaftliche Theorien zu. Außerdem sei nicht alles, was im Gehirn passiere, bewusst, und nicht alles, was bewusst sei, im Gehirn verortbar.
Gegen die klassische Neurowissenschaft brachte Brodbeck weiter vor, dass das Gehirn abhängig von dem sozialen Kontext sei, in dem es sich entwickele, und nicht aus diesem herausgelöst untersucht werden könne. Der Bewusstseinsforscher Hinterberger räumte ein, dass viele Hirnforscher "die Unbestimmtheit des Geistes" nicht eingestehen wollten. Die derzeitigen neuropsychologischen Modelle vom Gehirn entsprächen noch dem Stand der klassischen Physik vor der Entwicklung der Quantenphysik.