Hochzeit zum Aufblasen
Foto: Katrin Langhans
Hochzeit zum Aufblasen
Auf der Suche nach der Traumhochzeit
Beobachtungen auf der Hochzeitsmesse "Trau Dich!"
Vielleicht versteckt sie sich ja in einem Lächeln, in einem glatten Bein oder im weißen, strassbesetzten Traumkleid. Irgendwo muss sie sein, die Traumhochzeit. Vielleicht kommen die zukünftigen Eheleute ihr ja irgendwo auf der "Trau dich!"- Messe in Frankfurt näher.
08.02.2013
evangelisch.de
Katrin Langhans

Ein Verkäufer der Zahnarztpraxis "Westend Frankfurt" bleckt die Beißer, strahlend weiß, darauf 0,2 mm dicke Keramik-Zahnaufsätze, so genannte Veneers. Er verkauft das perfekte "Hollywoodsmile". Im nächsten Gang stapeln sich Spangen, Haargummies und Perlen ###mehr-galerien### für die elegante Hochsteckfrisur in roten Schminkkoffern. Ein paar Stände weiter, verspricht VitaDepil eine schmerzfreien Enthaarung.

Dazwischen tummeln sich schlanke Models in figurbetonten, weißen Brautkleidern. Sobald sie eine Kamera sehen, stemmen sie die Arme in die Hüfte, straffen das Rückrad, senken den Kopf, schlagen die Kunstwimpern auf und lächeln. Lasziv und sexy. Klick.

Pfarrer Wilhelm Christel: Keine "Wedding to go"

Irgendwo zwischen weißer Hochzeitskutsche und wummernden DJ-Boxen, steht Wilhelm

Pfarrer Wilhelm Christel an seinem Stand.

Christel, 53, Pfarrer, mit seiner Frau und wirbt für – ja was eigentlich?

Für die Hochzeit in der Kirche? Für Glauben? Für Gott? Christel lässt den Blick über das Zierfischglas des Seehotels Niederberg schweifen. Er verkauft kein Versprechen, er beantwortet Fragen.

An seinem Stand gibt es keine Lollies, keine Smarties, keine Weingummiherzen, an denen Zettel mit vermeintlichen Träumen kleben. Er verteilt keine "Wedding to go". Hinter Christel steht ein schlichter Pappaufsteller, so groß wie ein Mensch, darauf die Worte: "Versprechen der Liebe, Vertrauen in Gott". Das ist alles.

Christel legt es nicht darauf an, irgendwem irgendetwas zu erzählen. Er zieht die Leute nicht zu seinem Stand, steht hinter, nicht vor dem Stehtisch, wartet ab. Flyer und Broschüre liegen vor ihm und er schaut freundlich in die Runde. Wer kommt, der kommt.

Gemischt konfessionell heiraten

Tatsächlich traut sich bald ein junges Paar an seinen Stand. Sie evangelisch, er katholisch. Sie gläubig, er nicht. "Können wir in der Kirche heiraten?", fragt die junge Frau. Christel erklärt ihr die drei Möglichkeiten: Sie können in der katholischen oder der evangelischen Kirche heiraten. Oder ein Pfarrer predigt in der anders-konfessionellen Kirche. Das kann, aber muss nicht die Ortskirche sein. Der junge Mann zuckt mit den Schultern. Ihm sei das egal. Sie will eine evangelische Hochzeit.

Fragen kostet nichts - sich trauen (lassen) auch nicht.

Ein paar Gänge weiter steht, wenn man so will, die Konkurrenz der Kirche. Ein Stand, der mit alternativen Hochzeiten wirbt. Reinhard Witt, ein freier Künstler, bietet eine "Freie Hochzeitszeremonie". Mit oder ohne Religion. Persönlich. Maßgeschneidert. Gegen Bares, um die 800 Euro.

Für Bares scheint man auf der Hochzeitsmesse überhaupt recht viel "Traum" zu bekommen: Einen goldenen Vogelkäfig als Tischdeko, ein Kleid, mit Swarovskisteinen besetzt, Robbie Williams-Musik auf der Harfe, Vasen aus dem eigenen Poltergeschirr, rosa Rüschenkleider für Kleinkinder oder ein eigenes Hochzeitsmovie.

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Ein bisschen Traum darf ja auch sein, an dem Tag, der für viele der wichtigste im Leben ist. Aber bei all dem Tohuwabohu um das passende Geschirr, die richtige Location und die größte Torte, gerät der Gedanke, um den es eigentlich geht, ein bisschen in den Hintergrund: Sich zu lieben, in guten, wie in schlechten Zeiten. Denn auf den einen Tag folgt, wenn alles gut geht, ein ganzes Leben. Mit oder ohne "Hollywoodsmile".