Dermaßen aufgewühlt war Justus Jonas, dass er am Sterbebett von Martin Luther keine einzige Zeile selbst zu Papier bringen konnte. Den handschriftlichen Bericht über den Tod des Reformators am 18. Februar 1546 um 2.45 Uhr in Eisleben musste er anderen überlassen. Der enge Freund Luthers habe den Brief "eilends in die Feder von Graf Albrechts Sekretär diktiert um vier Uhr, als wir vor lauter Betrübnis selbst nicht alles haben schreiben können". Das an den sächsischen Kurfürsten gerichtete Schriftstück ist in Luthers Sterbehaus zu sehen. Das Gebäude wurde saniert und mit einem Neubau zu einer Museumsanlage erweitert.
Für die Ausstellung "Luthers letzter Weg" mit 110 Exponaten hat sich die Grundfläche von 200 auf 450 Quadratmeter erhöht. Die Dokumentation umfasst thematisch die letzten Tage und Stunden des Reformators in Eisleben, seinen Umgang mit dem Tod sowie den Einfluss der Reformation auf die Sterbekultur. Mit der Ausstellung soll auch deutlich gemacht werden, dass der Tod des Reformators neben kulturgeschichtlichen Aspekten auch eine theologisch-existenzielle Dimension hat.
Christliches Bekenntnis auf den Lippen
Eines der herausragenden Objekte ist das sogenannte Bahrtuch, das Luthers Sarg bei der Überführung nach Wittenberg bedeckte. Für einen Teil der neuen Ausstellung wurde das Inventar so rekonstruiert, wie es der Nürnberger Kunstexperte Friedrich Wilhelm Wanderer im 19. Jahrhundert ursprünglich entworfen hatte.
###mehr-artikel###
Nachgezeichnet werden auch die geografischen Stationen seines letzten Weges, der ihn am 23. Januar 1546 von Wittenberg aus über Bitterfeld und Halle nach Eisleben führte, wo er fünf Tage später eintraf. Dort sollte er Streitigkeiten unter den Mansfelder Grafen schlichten helfen. Schon unterwegs hatte er einen Herzanfall erlitten. Luther fühlte sich als "alter, abgearbeiteter schwacher Mann".
"Jonas hat den Brief schon eine Stunde nach dem Tod vor allem deshalb verfasst, weil er sofort bezeugen wollte, dass Luther christlich gestorben war und nicht etwa vom Teufel geholt wurde", erläutert der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Stefan Rhein. Schließlich galt damals, dass Feinde des Glaubens unter großen Schmerzen und unwürdigen Umständen starben. Und Luther starb friedlich und mit einem letzten christlichen Bekenntnis auf den Lippen - vermutlich an einem zuvor erlittenen Herzinfarkt.
Standort des eigentlichen Sterbehauses
Projekt- und Museumsleiter Christian Philipsen betont, dass Luther als Reformator selbstverständlich nicht die Absolution erhalten wollte: "Für ihn war klar, dass es ausreicht, an die Gnade zu glauben." Dass Luther schon mit 63 Jahren starb, hat womöglich auch an seinem schlechten Gesundheitszustand gelegen. Wie in der Ausstellung anhand von medizinischen Modellen erläutert wird, hatte er etwa lebenslang Harnsteine. Zudem litt er unter Gicht, Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße und Gemütsschwankungen. Zuletzt war er auch schwerhörig und auf einem Auge fast blind.
Bei dem Museumsgebäude am Andreasplatz handelt es sich allerdings nicht um das originale Sterbehaus. Der preußische Fiskus stützte sich nämlich beim Ankauf 1863 und der Einrichtung einer Gedenkstätte in den folgenden Jahren auf Angaben eines Chronisten, der aber zwei Häuser miteinander verwechselt hatte. Erst vor einigen Jahren fanden Historiker heraus, das Luther in einem rund 100 Meter entfernten Haus am Markt starb, das nicht mehr vorhanden ist und dessen Besitzer zum Andreaskirchplatz gezogen waren. Auf dem Standort des eigentlichen Sterbehauses wurde schon Ende des 16. Jahrhunderts ein Neubau errichtet - der heute als Hotel genutzt wird.