Rosa Louise Parks, Näherin in einem Herrenbekleidungsgeschäft, hat vor knapp fünf Jahrzehnten ein neues Kapitel der US-Geschichte aufgeschlagen: Die Afroamerikanerin saß in einem Bus in Montgomery im US-Bundesstaat Alabama und sie weigerte sich, einem weißen Passagier Platz zu machen. Es war Donnerstagabend, der erste Dezember 1955. Der "Fall Parks" endete gut ein Jahr später mit einem Urteil des Obersten US-Gerichtshofes: Es erklärte Alabamas Gesetze zur Rassentrennung im öffentlichen Verkehr für verfassungswidrig.
Einfach nur sitzen geblieben?
"Mutter der Bürgerrechtsbewegung" wird Rosa Parks heute genannt. Sie kam vor 100 Jahren, am 4. Februar 1913 zur Welt, gestorben ist sie 2005 im Alter von 92 Jahren. Im Schulunterricht lernen Kinder in den USA, Parks sei nach einem langen Arbeitstag müde gewesen. Darum habe sie einfach nicht aufstehen wollen. Dabei war alles viel komplexer und viel gefährlicher, wie der Biograf von Bürgerrechtler Martin Luther King, Taylor Branch, beschrieb.
Die damals 42-jährige Parks wurde wegen Verstoßes gegen die Rassentrennungsgesetze von Alabama festgenommen. Mit Hilfe eines afroamerikanischen Aktivisten vom Bürgerrechtsverband NAACP und eines weißen Anwalts kam sie noch in der selben Nacht gegen Kaution frei. Parks entschied, ihre Festnahme und das Gesetz juristisch anzufechten. "Die Weißen werden dich umbringen, Rosa", warnte ihr Ehemann Raymond, ein Friseur, der ebenfalls in der NAACP aktiv war.
Rassentrennung im Bus
In Montgomery symbolisierten die gelben Busse in den 50er Jahren die Rassentrennung: Die ersten vier Sitzreihen waren für Weiße reserviert, Afroamerikaner saßen hinten. Sie konnten auch in der Busmitte Platz nehmen, wenn dort keine Weißen saßen. Waren die ersten vier Reihen voll und stieg noch ein Weißer ein, mussten Schwarze in der Mitte aufstehen. Und mehr noch: Schwarze durften den Bus zwar durch die Vordertür betreten. Saßen jedoch schon Weiße vorne, mussten sie nach Entrichten des Fahrgeldes wieder aussteigen und in die hintere Tür erneut einsteigen.
Rosa Parks ist oft gefragt worden, warum sie nicht von ihrem "mittleren" Sitz aufgestanden sei - mehrere afroamerikanische Passagiere seien der Anweisung des Busfahrers doch nachgekommen. Sie sei der Diskriminierung müde gewesen, sagte sie im Jahr 2000, als sie schließlich von ihrer Heimatstadt geehrt wurde. "Und Gott saß neben mir, als ich beschloss, man dürfe mich nicht mit weniger Würde behandeln als die anderen Bürger von Montgomery".
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Parks' Nein war kein Zufall. Sie war Schriftführerin in der örtlichen NAACP-Gruppe, arbeitete für das Wahlrecht, gegen Justizwillkür gegenüber Afroamerikanern. Das war gefährlich: Im Sommer 1955 wurden in Alabamas Nachbarstaat Mississippi zwei Bürgerrechtsaktivisten niedergeschossen.
"Es kommt eine Zeit, zu der Menschen es nicht mehr hinnehmen, dass sie von den eisernen Schuhen der Unterdrückung niedergetrampelt werden", so erklärte ein damals 26-jähriger Baptistenpastor namens Dr. Martin Luther King Rosa Parks Aktion. Nach ihrer Festnahme waren die Bürgerrechtsaktivisten in Montgomery startklar.
Tausende zu Fuß
Zur völligen Überraschung der weißen Stadtväter begann innerhalb weniger Tage eine Kampagne zum Boykott der Busse. Ein schwarzer Frauenverband verteilte mehr als 30.000 Flugblätter. Tausende Afroamerikaner gingen zu Fuß, Hunderte Schwarze stellten ihre PKWs zur Verfügung. Kirchengemeinden organisierten mit. Zum Vorsitzenden der neuen "Montgomery Improvement Association" wurde der damals relativ unbekannte Martin Luther King gewählt.
381 Tage lang dauerte der Boykott, bis zu dem Gerichtsurteil. Auf Kings Haus wurde eine Bombe geworfen, Rassisten schossen auf Boykotteure, die Polizei verhaftete Dutzende. Die Bürgerrechtsbewegung aber verbreitete sich von nun an im ganzen Süden der USA.
Hinter den Rednerpulten nur Männer
Für Rosa Parks hatte der Sieg auch eine bittere Seite: Sie konnte keine Arbeit mehr finden und verließ Montgomery. Raymond Parks starb 1977; Rosa Parks bekam eine Stelle als Sekretärin bei dem afroamerikanischen Kongressabgeordneten John Conyers. In den 90er Jahren veröffentlichte sie ihre Autobiografie, hielt Vorträge über ihr Leben und die Bürgerrechtsbewegung. 1996 verlieh Präsident Bill Clinton ihr die Freiheitsmedaille, den höchsten nicht-militärischen Orden in den USA.
Und dennoch: Wenn heute die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung erzählt wird, stehen noch immer Männer im Vordergrund. Denn auch das war in den 50er und 60er Jahren Realität: Hinter den Rednerpulten, auf den Kanzeln und vor den Fernsehkameras standen keine Frauen. Rosa Parks starb am 24. Oktober 2005. In den Nachrufen hieß es, sie sei in ihren letzten Lebensjahren auf finanzielle Unterstützung einer Kirchengemeinde angewiesen gewesen.