So lange es die Frage gebe, wie so etwas Fürchterliches habe geschehen dürfen, sei die Gefahr nicht gebannt, dass sich ähnliches wieder ereignen kann, erklärte Deutschkron. Ihre Rede hatte die 90-Jährige mit dem Titel "Zerrissenes Leben" überschrieben. Die Jüdin überlebte die NS-Zeit gemeinsam mit ihrer Mutter in verschiedenen Verstecken in Berlin. Der Vater war nach dem Machtantritt Hitlers nach England geflohen. Der Oberstudienrat durfte als Sozialdemokrat und Jude seinen Beruf nicht mehr ausüben.
###mehr-artikel###Deutschkron schilderte vor dem Bundestag ihre Erinnerungen an den Schmerz des Vaters und die eigene Angst. Jede Nacht habe sie auf Schritte im Treppenhaus gehört. Waren es Stiefel, hatte sie die Befürchtung, der Vater könnte abgeholt werden. Deutschkron erinnert sich auch genau an den Tag der Ausrufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. "Dicht an dicht" standen die Menschen am Straßenrand und jubelten den Nazis zu, erzählte sie. Einige Tage später habe ihr die Mutter klargemacht, dass sie als Jüdin nun zu einer Minderheit gehöre. "Lass dir nichts gefallen", habe sie gesagt.
Wie schwer es fiel, sich zu behaupten, erklärte Deutschkron am Beispiel des gelben Sterns, den Juden an der Kleidung tragen mussten. "Gelben Lappen", nennt ihn Deutschkron: "Er war eine diskriminierende Isolation für uns." Die 90-Jährige macht es sich bis heute zur Aufgabe, als Zeitzeugin über die Schrecken der NS-Zeit zu berichten und aufzuklären. Nach dem Krieg und einem Studium in England arbeitete Deutschkron als Journalistin in Bonn und Tel Aviv. Seit 2001 lebt sie wieder in Berlin. In Büchern wie "Ich trug den gelben Stern" will sie die Erinnerung an die NS-Zeit wachhalten.
"Ich trug den gelben Stern"
An der Gedenkstunde des Parlaments nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesratspräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teil. Die traditionelle Gedenkveranstaltung des Parlaments war in diesem Jahr verschoben worden und fiel damit auf den 80. Jahrestag des Machtantritts Hitlers.
###mehr-links###Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte, der 30. Januar 1933 sei nicht "irgendein Datum". Nach der Ausrufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler sei innerhalb weniger Wochen die erste Demokratie auf deutschem Boden liquidiert worden. Die Selbstaufgabe der Weimarer Republik sei Mahnung für die heutige Generation, die Demokratie zu gestalten und zu verteidigen, sagte Lammert. Die zwölfjährige Terrorherrschaft der Nationalsozialisten bezeichnete Lammert als "Ewigkeit des Grauens".
Kritik an ARD und ZDF
Der Bundestagspräsident kritisierte zudem ARD und ZDF, die die Gedenkstunde anders als Phoenix und n-tv, nicht übertrugen. Es wäre besser, dieses Gedenken und dieser gemeinsame Wille aller Demokraten einer breiten Öffentlichkeit im Hauptprogramm öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten zu vermitteln, sagte Lammert. ARD und ZDF übertrugen während der Gedenkstunde ihr Standardprogramm "ARD-Buffet" und "drehscheibe".