Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Erfurt mit dem Dom St. Marien (li.) und Kirche St. Severi. Hier beginnt der "Pilgerweg der drei starken Frauen".
Auf den Spuren von Elisabeth, Walburga und Paulina
Jakobsweg, Bonifatius-Route, Elisabethpfad: Es gibt der Pilgerstrecken immer mehr in Deutschland. Doch nur einer führt zu drei "starken Frauen": Der Weg von Erfurt nach Paulinzella.
08.09.2012
evangelisch.de

Im Jahr 2008 hat eine ökumenische Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern des Erfurter Domes, des Augustinerklosters Erfurt sowie der Stadtmarketing Arnstadt und der Tourist-Information Paulinzella das Projekt im wahrsten Sinne des Wortes auf den Weg gebracht. Rund 50 Kilometer ist die Strecke lang. Empfohlen wird, sie in drei Tagesetappen zu gehen: von Erfurt nach Arnstadt (20,2 Kilometer), von Arnstadt nach Niederwillingen (12,9 Kilometer) und von Niederwillingen nach Paulinzella (14,5 Kilometer).

Flyer mit der Route der drei starken Frauen. Foto: Corinna Willführ

Wer sind die drei Frauen? Sie heißen Elisabeth, Walburga und Paulina. Alle Drei hätten ein wohlbehütetes Dasein in Reichtum führen können, doch sie entschieden sich im Dienste des Glaubens für ein Leben, in dessen Mittelpunkt die Barmherzigkeit stand, die Sorge um andere, um Arme, Hilfebedürftige, Notleidende.

In der Stiftstraße, im Zentrum der Erfurter Altstadt, nur wenige Meter vom Dom, startet der Weg. Doch schon hier ist (Ein-)halt geboten: Denn im Erfurter Dom wurde die Heiligsprechung der Thüringer Landgräfin Elisabeth proklamiert. Am 7. Juli 1207 als Tochter des ungarischen Königs Andreas II. geboren, widmete sich die Adlige zeit ihres Lebens der Wohltätigkeit. So gründete sie mit ihrem (zweiten) Mann Ludwig von Thüringen ein Kloster in Gotha, arbeitete ohne Achtung ihres Standes als Spitalschwester im hessischen Marburg. Die von beiden christlichen Konfessionen verehrte Wohltäterin, die sich selbst als discipula deii, als Schülerin Gottes bezeichnete, ist Bistumspatronin Erfurts. Im Nikolaiturm befinden sich die ältesten Wandmalereien zum Leben der Heiligen.

Walburga soll ein Kind vor dem Tod gerettet haben

Über den Hermannsplatz gilt es dann der gelben Muschel auf blauem Grund, der Markierung des Jakobswegs, durch den Luisenpark zur Gera zu folgen. Von Hochheim, Bischleben und Möbisburg führt die Route zu den sehenswerten Anlagen von Park und Schloss Molsdorf, vorbei an der romanischen Klosterkirche in Ichtershausen in die Kreisstadt Arnstadt. Etwa eine halbe Stunde ist es zu Fuß vom Zentrum des ältesten Ortes in Thüringen (704 erstmals urkundlich erwähnt) zur Ausgrabungsstätte des Walpurgisklosters.

Ausgrabungen am Walpurgiskloster in Arnstadt. Foto: Corinna Willführ

Seine Namensgeberin ist die Heilige Walburga. Ihr genaues Geburtsdatum ist unbekannt. Die Annalen vermerken nur das Jahr 710 und ihren Geburtsort Devonshire in England. Ihr Onkel, kein geringerer als der Heilige Bonifatius, war es, der Walburga nach Deutschland berief. Zwar warb die Tochter aus adligem Hause vor allem in Mittelfranken für den christlichen Glauben, doch der Ruf der Nonne und Äbtissin von Eichstätt als Beschützerin vor Pest und Hunger - der Legende nach soll sie ein Kind mit drei Ähren vor dem Tod gerettet haben - reicht weit über ihren Wirkungsort hinaus. Weit bekannter als das Walpurgiskloster ist in Arnstadt allerdings die Kirche St. Bartholomäus, in der Johann Sebastian Bach getraut wurde.

An der Lutherlinde von 1896 vorbei zur Klosterruine Paulinzella

Etappe drei des "Pilgerwegs der starken Frauen" führt von Arnstadt durch das Naturschutzgebiet Hain mit seinem beeindruckenden Buchen- und Eichenbestand auch vorbei an einem Baum, der den Namen des bedeutendsten Kirchenreformators trägt: der Lutherlinde von 1896 bei Görbitzhausen. Von Dörnfeld aus gilt es den Aufstieg zum Singer Berg, scherzhaft  auch "der Prahlhans" genannt, zu bewältigen. Eine Mühe, die sich lohnt, bietet sich von ihm doch ein imposanter Blick auf die Orte der Umgebung.

Das Kloster Paulinzella. Foto: Corinna Willführ

Nur noch wenige Kilometer und das Ziel Paulinzella ist erreicht. Heute ein Ortsteil der Gemeinde Rottenbach hat der idyllisch gelegene Flecken eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie begann mit einer Frau namens Paulina im Jahr 1106. 

40 Jahre, vermerkte Johann Wolfgang Goethe im Jahr 1817, habe er "zu Wagen, Pferd und Fuß Thüringen kreuz und quer" durchquert und sei indes zuvor niemals in Paulinzella gewesen. Dabei war die Klosterruine im Rottenbachtal ein lohnendes Ziel – und ist es noch für Wanderer, Pilger und Kunsthistoriker. In der ehemaligen DDR gehörte sie zu den bedeutendsten Baudenkmälern und ist bis heute eines der bedeutendsten romanischen Kirchengebäude in Deutschland.

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Die Adlige Paulina (1067 in Sachsen geboren) entsagte nach dem Tod ihres zweiten Mannes – wie die Heilige Elisabeth – dem weltlichen Leben und schloss sich dem Benediktinerinnenorden an. Sie gründete zunächst "nach einer Erscheinung der Gottesmutter" eine Einsiedelei im Thüringer Wald. Mehrfach unternahm sie beschwerliche Reisen nach Rom, um vom Papst den Segen für eine Klostergründung zu erhalten.

Im Alter von 35 Jahren erhielt Paulina schließlich die Erlaubnis, Paulinzella als Doppelkloster für Mönche und Nonnen im Rottenbachtal zu errichten. Die Mönche, die dort lebten, gehörten zur Benediktinerabtei Hirsau. Paulina selbst erlebte seine Fertigstellung nicht. Sie erkrankte auf einer Reise zur Abtei Münsterschwarzach, wo sie 1107 verstarb. 15 Jahre später wurden ihre Gebeine in die Klosterkirche von Paulinzella überführt. Bis heute wird die selige Frau in Thüringen verehrt.

Gelbe Muschel auf blauem Grund

Einfluss und Reichtum des Klosters wuchsen nach seiner Gründung beständig. So gehörten 19 Dörfer zu seinem Besitz, hatte die Kongregation Hirsau Rechte an über 100 Orten. Sein Abstieg begann mit den Bauernkriegen. Plünderer stahlen selbst die Sandsteine der Anlage. Mit der Reformation wurde Paulinzelle 1542 schließlich aufgehoben. Im 18. Jahrhundert entstand auf dem Gelände dann das Jagdschloss der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt. In ihm befindet sich heute ein Museum zur Kloster-, Forst- und Jagdgeschichte.

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Der "Pilgerweg der drei starken Frauen" hat bislang keine eigene Wegmarkierung. Als Teil des mittelalterlichen Jakobswegs von Erfurt nach Coburg ist er durchgängig mit der gelben Muschel auf blauem Grund markiert. Noch sicherer geht, wer die Rad- und Wanderwegekarte des Ilm-Kreises in seinen Rucksack packt. In der Tourist-Information Arnstadt ist auch ein Flyer mit Informationen über Elisabeth, Walburga und Paulina erhältlich.