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"Digitale Medien schaden langfristig dem Körper und vor allem dem Geist", meint der Psychiater und Autor Manfred Spitzer.
Macht das Internet dumm? Günther Jauch fragt seine Gäste
Deutschland hängt am Netz. Rund 76 Prozent aller Deutschen surfen im Internet, so das Ergebnis der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie. Anlass genug für Günther Jauch mit seinen Gästen am Sonntagabend über das Thema "Achtung, Computer! Macht uns das Internet dumm?" zu diskutieren. Dabei blieben die Fronten von Anfang an geklärt und das Gespräch freundlich entspannt.

Geballte Elternkompetenz fand sich im Berliner Gasometer am Sonntagabend bei Günther Jauch zusammen. Jeder Gast hat mindestens zwei Kinder – der  Moderator ist selbst Vater von vier Kindern. Der Psychiater und Autor Manfred Spitzer, die Fernsehmoderatorin Petra Gerster, der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar und der Medienwissenschaftler Klaus Peter Jantke diskutierten mit Jauch übers Surfen, Googeln und Kommunizieren. Und jeder konnte von seinen ganz eigenen Erfahrungen im Umgang mit Kindern, Computern und Internet erzählen.

Denn was die einen als Chance ansehen, verteufeln die anderen als digitalisierte Verdummung - fast so war es auch bei Jauchs Gästen. Und auch wenn im Gasometer Kritiker und Befürworter aufeinander trafen, blieb die Atmosphäre zwischen ihnen sehr entspannt. Dabei hätten die Einstellungen zum Umgang mit Computer und Internet so manche Spannung hervorrufen können.

Das Internet bietet auch Chancen

Der Psychiater Spitzer meint: "digitale Medien schaden langfristig dem Körper und vor allem dem Geist" und hat dazu ein Buch geschrieben. Er ist der Meinung, dass Kinder so spät wie möglich Zugang zu Computer und Internet bekommen sollten. Auf seiner Seite hatte er dabei Fernsehmoderatorin Petra Gerster. Ihr Sohn entdeckte als Teenager seine Leidenschaft für Computerspiele – erst als er in der Schule massiv in seinen Leistungen absackte, entdeckten die Eltern die Gefahr und wendeten sie ab.

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Gerster plädiert dafür, dass Jugendliche nur in Maßen und unter Anleitung ins Internet sollten: "Es ist nicht nur so, dass die Spiele an sich gefährlich sind, sie machen vor allem eins, sie stehlen Zeit." Die jungen Leute würden "Ballerspiele machen" statt Hausaufgaben oder Klavier zu spielen.

Im Hause Yogeshwar haben alle Kinder des Wissenschaftsjournalisten einen Computer und sind online unterwegs. Für ihn bietet das Internet Chancen. Entscheidend beim Umgang damit sei, dass die Kinder richtig herangeführt würden. Auch der Medienwissenschaftler Jantke ist dieser Meinung. "Es soll sich keiner die Illusion machen, dass wir die Computer wieder loswerden."

"Die Google-Diskussion gehört an den Biertisch"

Im Internet recherchieren und Kontakt mit Freunden haben – dies gehört zum Leben der Internetnutzer dazu. Darin waren sich Jauchs Gäste einig. Allerdings gingen die Meinungen auseinander, wo das Problem beginnt und damit eine Suchtgefahr entsteht. Für den Mediziner Spitzer sind alle Nebenwirkungen bei der Internetnutzung entscheidend: "Wenn ich etwas google, ist die Chance, dass es in meinem Kopf hängen bleibt geringer." Für Ranga Yogeshwar ist dies der falsche Ansatz. "Als ich damals zur Schule ging, wurde der Taschenrechner eingeführt. Da gab es eine ähnliche Diskussion. Heute rechnen wir anders."

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Auf das Argument des Wissenschaftsjournalisten, dass auch einst der Taschenrechner verteufelt wurde, reagierte Spitzer in der Diskussion ungewohnt vehement: "Ich wehre mich hier, wenn sie wissenschaftliche Fakten einfach leugnen." Auch sein Gegenpart in der Diskussion, Medienwissenschaftler Jantke, weiß um die Internetsüchtigen - rund eine viertel Million Menschen in Deutschland. Doch "die Google-Diskussion gehört an den Biertisch". Laut einer Studie mache die Recherche nur rund 15 Prozent der Internetnutzung aus. Die Schwierigkeit liegt für den Medienwissenschaftler in der unbegleiteten Nutzung.

Dennoch sei es falsch, so Jantke, Computer zu verbannen. Kinder wüssten, wohin sie gehen müssten, um Computer und Co. zu nutzen. Für Ranga Yogeshwar ist dies auch keine Frage. "Ich glaube, wir sind im Moment in einer spannenden Entwicklung, weil alles neu ist. Heute müssen wir lernen zu filtern und damit umzugehen." Aber, machte Spitzer seinen Standpunkt noch einmal klar, das Lernen damit umzugehen heiße ja nicht, dauern damit umzugehen. Und darin waren sich die Gäste von Günther Jauch dann wieder einig.