Merkel erinnerte daran, dass der nationalsozialistische Terror erst durch das breite Schweigen der Mehrheit möglich geworden sei. Zum Aufstieg der NSDAP sei es gekommen, "weil Teile der Eliten und der Gesellschaft daran mitwirkten, vor allem aber weil die allermeisten in Deutschland ihn duldeten". Die Machtübernahme sei nur möglich gewesen, "weil eine breite Mehrheit einfach wegsah und schwieg", betonte sie. Gerade deshalb müsse das Wissen besonders über die Anfänge dieses Terrors weitergegeben werden.
###mehr-artikel###Die Schau steht unter dem Titel "Berlin 1933 - der Weg in die Diktatur". Sie zeigt mit offiziellen Fotos und erläuternden Texten, wie die Nazis ihre Macht in der Reichshauptstadt etablierten. An zehn Stationen werden Etappen wie der Reichstagsbrand im Februar, der "Tag von Potsdam" im März, der Aprilboykott jüdischer Geschäfte und die Bücherverbrennung am Bebelplatz im Mai 1933 illustriert. Zusammen mit einer Dokumentation im Deutschen Historischen Museum ist die Ausstellung Auftakt für das Berliner Themenjahr "Zerstörte Vielfalt", das mit über 500 Veranstaltungen bis zum 75. Jahrestag der Novemberpogrome reicht.
Visualisierung des NS-Terrors
Die Sonderausstellung zum 80. Jahrestag von Hitlers Machtantritt rückt die Opfer in den Mittelpunkt: Ein keilartig im Raum liegender Steg ist bedruckt mit Namen und Lebensdaten, 36 Stelen stellen stichpunktartig Einzelschicksale vor. Mindestens 130 Personen starben während der ersten Monate der Nazi-Herrschaft in Berlin und Umgebung - misshandelt, ermordet oder in den Suizid getrieben. Für das Reichsgebiet, so Kurator Klaus Hesse, muss man von mindestens 600 Opfern ausgehen: "Die Quellenlage ist bis heute schwierig," gibt er zu. Die Forschung stehe noch immer am Anfang.
Fackelzug durch das Brandenburger Tor am 30. Januar 1936 anlässlich des dritten Jahrestages der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Foto: © epd-bild / Stiftung DHM
Den NS-Terror zu visualisieren, erwies sich als schwierig: Pressefotos wurden bereits vor der Einrichtung des Goebbelschen Propagandaministeriums von den Nazis stark kontrolliert. Bilder von den sogenannten "wilden" KZs, in denen zahlreiche Menschen starben oder von der Erstürmung kommunistischer Parteizentralen durch die SA und anderer Übergriffe in der Reichshauptstadt existieren nicht. Ein einziges Foto zeigt die öffentliche Anprangerung eines Regimegegners - es stammt aus Süddeutschland. Für Berlin ließen sich keine Belegfotos auffinden. Die Ausstellung will dennoch deutlich machen, dass sich der Übergang von der Weimarer Republik in die NS-Diktatur vor allem für die politischen Gegner und zunehmend auch für Juden rasch und brutal vollzog.
Die Ausstellung ist Teil des Berliner Themenjahres "Zerstörte Vielfalt. Berlin 1933-1938". Über 40 Projekte von Museen, Gedenkstätten, einzelnen Initiativen und Vereinen thematisieren bekannte und weniger bekannte Aspekte der Geschichte Berlins im Nationalsozialismus und rücken authentische Orte in den Mittelpunkt, einige zum ersten Mal.
###mehr-info###Die 400 Quadratmeter große Einführungsausstellung zum Themenjahr wird auch am Mittwoch im Deutschen Historischen Museum eröffnet. Wie in einem Stadtrundgang werden markante Orte wie der Kurfürstendamm, das Brandenburger Tor, der Anhalter Bahnhof oder das Rote Rathaus vorgestellt und in den thematischen Zusammenhang mit der NS-Geschichte eingebunden, von der Machtübernahme bis zum Novemberpogrom 1938, das sich in diesem Jahr zum 75. Mal jähren wird. Filmausschnitte, bunte Plakate und Tonaufnahmen werden ergänzt durch zeitgenössische Dokumente und Objekte.
Ein Plakat des Roten Rathauses etwa illustriert den propagandistischen Kampf um den Sitz der Berliner Kommunalverwaltung, den Kommunisten wie Nationalsozialisten vor 1933 führten. Unmittelbar nach den Reichstags- und Kommunalwahlen im März 1933 setzten auch hier politische "Säuberungen" ein.
###mehr-links###Der Anhalter Bahnhof hingegen wurde ab 1933 zum Ausgangspunkt für Flucht und Emigration von Intellektuellen, Künstlern, Politikern und anderen Berlinern, die von den Nazis zu Staatsfeinden erklärt wurden. Die rassistische Verfolgung trieb bereits in ihrem ersten Regierungsjahr rund 13.000 jüdische Bürger ins Exil. Zwangssterilisation als Vorstufe der Euthanasie, der Rassenwahn am Beispiel der Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung von Juden, Farbigen sowie Sinti und Roma, und das Novemberpogrom in Berlin - die kompakte und abwechslungsreich inszenierte Schau macht das Thema mit aussagekräftigen Exponaten anschaulich.