Foto: dpa/Oliver Berg
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner äußert sein Bedauern.
Erzbistum Köln entschuldigt sich für Abweisung vergewaltigter Frau
Kardinal Meisner äußert seine Beschämung darüber, dass katholische Kliniken eine vergewaltigte Frau zurückgewiesen haben. Am Verbot der "Pille danach", die im Zentrum des Streits steht, hält er aber fest. Der Fall beschäftigt auch den NRW-Landtag.

Kardinal Joachim Meisner hat sich für die Zurückweisung eines Vergewaltigungsopfers durch zwei katholische Kliniken in Köln entschuldigt. "Dieser Vorgang beschämt uns zutiefst, denn er widerspricht unserem christlichen Auftrag und Selbstverständnis", erklärte der Kölner Erzbischof am Dienstag. "So etwas darf sich auf keinen Fall wiederholen."

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Ärzte der beiden Krankenhäuser hatten die hilfesuchende Frau mit der Begründung abgewiesen, dass sie kein Beratungsgespräch über die "Pille danach" führen wollten. Dieses Präparat ist für Meisner weiterhin tabu, die katholische Kirche stehe für absoluten Lebensschutz.

Vergewaltigung sei ein schlimmes Verbrechen, nach dem "jede notwendige medizinische, seelsorgliche und menschliche Hilfe" geleistet werden müsse, erklärte der Kölner Erzbischof. "Ausgenommen sind nach unserem Selbstverständnis allerdings alle Maßnahmen, welche die Tötung eines möglicherweise schon gezeugten Kindes bedeuten." Der Lebensschutz sei "eine unüberschreitbare Grenze und jedem menschlichen Eingriff entzogen". Wer ihn relativiere, der relativiere die Menschenwürde insgesamt.

Genaue Untersuchung gefordert

Meisner betonte, es gebe "keine kirchliche Anweisung, Vergewaltigungsopfer anders zu behandeln oder gar abzuweisen". Deshalb müsse "jetzt genau erforscht werden, was dazu führte, diese Frau nicht aufzunehmen". Die Ärzte der betreffenden Krankenhäuser, die von einer katholischen Stiftung getragen werden, fürchteten offenbar, gegen kirchliche Normen zu verstoßen, wenn sie über die "Pille danach" aufklären. Richtlinien des Trägers erlauben zwar eine "Information" über das Präparat, aber keine empfehlende oder hinweisende "Beratung", erst recht verboten ist die Abgabe oder Verschreibung.

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Die "Pille danach" enthält ein Hormon, das nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder nach einer Verhütungspanne einen Eisprung verhindern oder verzögern soll. Befürworter sprechen von "Nachverhütung". "Die 'Pille danach' ist keine Abtreibungspille", betont etwa Pro familia. "Bei bestehenden Schwangerschaften wirkt sie nicht." Wenn die Eizelle schon befruchtet sei und die Einnistung in die Gebärmutter begonnen habe, sei die Hormonpille unwirksam.

Null Toleranz gegen "Pille danach"

Das Erzbistum Köln schärfte katholischen Krankenhäusern einem Bericht zufolge bereits vor einem Jahr das strikte Verbot der "Pille danach" ein. Es gehe um eine "Null-Toleranz-Grenze" für Schwangerschaftsabbrüche und "damit verbundene Tötungsdelikte", heißt es in einem Brief der Diözesanarbeitsgemeinschaft der katholischen Kliniken, aus dem der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe) zitiert. Alle Mitarbeiter müssten sich "so gemäß der Lehre der Kirche verhalten, dass das Zeugnis der Kirche für den Schutz des ungeborenen Lebens immer deutlich wird".

An diesem Mittwoch befasst sich der Düsseldorfer Landtag mit den Vorgängen. Die Piratenfraktion fordert in einem Eilantrag, dass "religiöse Glaubenssätze eine Behandlung in Krankenhäusern nicht mehr verhindern". Mit Steuergeldern geförderte Kliniken dürften Patienten in keinem Fall medizinische Versorgung oder psychologische Unterstützung verwehren.

Kritik von Medizinern

Der Fall stößt auch unter evangelischen Medizinern auf Kritik. "Ich habe für die Vorgänge keinerlei Verständnis", sagte der Chefarzt der Gynäkologie in der diakonischen Henriettenstiftung in Hannover, Wulf Siggelkow, in einer Sendung des Evangelischen Kirchenfunks Niedersachsen für Radio ffn. "Es ist für mich vollkommen unerklärbar, wie zwei katholische Häuser sich versteigen können, eine solche Patientin abzuweisen, obwohl sie ja letztlich nur in der Beratungspflicht wären, dieses Opfer moralisch und menschlich aufzufangen." Er könne sich den Kölner Fall nur mit einem Missverständnis erklären.