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Ein Gebet für den mächtigsten Mann der Welt
Bei den Planern von Obamas Vereidigung steigt die Nervosität: Am Montag soll es eine perfekte Zeremonie geben. Als heikel gelten vor allem die religiösen Elemente. Ein Pastor musste wieder ausgeladen werden, weil er sich schwulenfeindlich äußerte.
20.01.2013
epd
Konrad Ege

Die Verfassung schreibt Distanz vor zwischen Kirche und Staat. Doch wenn in den USA der neue Präsident seinen Amtseid ablegt, gehören Beten und Segnen traditionell zur Zeremonie. Ihr Land gilt vielen Amerikanern als "one nation under God", als eine vereinte Nation unter göttlichem Schutz.

Inzwischen ist die Sache mit Gott allerdings nicht mehr so einfach. Wenn Barack Obama am Montag zum zweiten Mal als US-Präsident vereidigt wird, müssen die Planer berücksichtigen, dass die ehemals mehrheitlich protestantischen USA ein vielfältiges Land mit unterschiedlichen Auffassungen von Religion und Moral geworden sind. Obama selber betonte bei seiner Amtseinführung vor vier Jahren, die Nation bestehe aus Christen, Muslimen, Juden, Hindus und auch aus Nicht-Gläubigen.

Erstmals Gebet bei Rossevelts Vereidigung 1937

So ist es bei den Vorbereitungen für die Vereidigung am Montag zu Spannungen gekommen. Der evangelikale Pastor Louie Giglio, der den Segen hätte spenden sollen, wurde vergangene Woche blitzartig vom Programm gestrichen: Eine Webseite hatte eine alte Predigt des Pastoren ausgegraben, in der Giglio den "homosexuellen Lebensstil" verurteilte. Das kam überhaupt nicht gut an bei lesbischen und schwulen Wählern, die mit überwältigender Mehrheit für Obama gestimmt hatten. Statt Gigilo kommt nun der anglikanische Geistliche Luis León zum Einsatz.

Eigentlich hätte das Organisationskomitee gewarnt sein müssen. Bereits bei Obamas erster Vereidigung gab es Streit um den Megakirchen-Pastor Rick Warren. Der kalifornische Geistliche hatte sich zuvor für ein Volksbegehren gegen gleichgeschlechtliche Ehen ausgesprochen. Warren wurde jedoch nicht aus dem Programm genommen. Dafür luden die Organisatoren den offen schwul lebenden anglikanischen Bischof Gene Robinson ein, ebenfalls ein Gebet zu sprechen.

Erstmals gab es 1937 bei der Amtseinführung des Demokraten Franklin Delano Roosevelt ein "offizielles Gebet". Der anglikanische Kaplan des US-Senats, ZeBarney Phillips, betete. Den Segen erteilte der katholische Monsignor John Ryan, ein Freund von Roosevelt. Der Geistliche galt inmitten der damaligen Wirtschaftskrise als starker Befürworter staatlicher Hilfsmaßnahmen. Ryan betete, Roosevelt möge Kraft haben, seine "großartige Vision von sozialem Frieden und sozialer Gerechtigkeit zu verwirklichen". Und tatsächlich setzte Roosevelt mit seinem "New Deal" weitreichende Sozialreformen durch.

Obama will gleich zwei Bibeln verwenden

Mit der Auswahl der Betenden wollen die Präsidenten meist Signale setzen. So spricht bei der Amtseinführung am Montag erstmals eine Frau das Eröffnungsgebet: die afro-amerikanische Bürgerrechtlerin Myrlie Evers-Williams. Ein Novum ist auch, dass kein Geistlicher das Eröffnungsgebet spricht.

Bisher haben immer männliche Geistliche gebetet, Protestanten und Katholiken, gelegentlich ein Rabbiner. Am häufigsten kam der 94-jährige Evangelist Billy Graham zum Einsatz: Bei Richard Nixon 1969, George H.W. Bush 1989 sowie bei Bill Clinton 1993 und 1997. Als Nixon sein Amt antrat, betete Graham noch "im Namen des Friedensfürsten, der sein Blut am Kreuz vergossen hat". Heutzutage bemühen sich die Betenden darum, dezidiert christliche Töne zu vermeiden.

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So lieferte Rick Warren vor vier Jahren den Millionen Zuschauern in Washington und vor den Bildschirmen ein eher religionsneutrales Gebet. Er dankte, dass Amerika ein "Land der unübertroffenen Chancen" sei, in dem "der Sohn eines afrikanischen Einwanderers die höchste Führungsebene erklimmen" konnte. Und bat, Gott möge Obama beistehen.

Die Präsidenten schwören den Amtseid auf der Bibel. Barack Obama will gleich zwei Bibeln verwenden: Die, auf der Abraham Lincoln 1861 den Eid ablegte, und eine Bibel des Bürgerrechtsführers Martin Luther King. Nach historischer Überlieferung hat nur ein Präsident keine Bibel verwendet: John Quincy Adams (1825-29). Er legte seine Hand auf ein Gesetzbuch, denn er wollte Glaube und Politik trennen.