Foto: ddp images/Daniel Peter
Der Ansbacher Steinmetz Alexander Hanel mit zwei Grabsteinmodellen der Marke "rokstyle".
Blingbling zum Abschied: Grabsteine werden bunt und glitzernd
Bei Bestattungen ist der Trend zu personalisierten Events unübersehbar. Särge mit dem Logo des Lieblingsfußballvereins sind keine Seltenheit mehr. Pop in der Aussegnungshalle ist oft Alltag. Nun gibt es auch Grabsteine mit Blingbling.
23.01.2013
epd
Daniel Staffen-Quandt

Der Mund der jungen Frau ist leicht geöffnet, wie eine Primaballerina steht sie da, den Blick nach oben gerichtet, eingehüllt in eleganten Tüll. Ein Foto für ein klassisches Hochglanz-Modemagazin. "Für immer schön", steht auf der Vorderseite des Prospekts. Doch der aufwendig gestaltete Handzettel wirbt nicht etwa für Haute Couture, sondern für Grabsteine. Steinhändler Alexander Hanel aus dem mittelfränkischen Leutershausen hatte die Idee, ein Modelabel für Grabsteine zu entwickeln. Er will "Lust auf schöne Grabsteine" machen und damit die Friedhofskultur pflegen.

Schicke Grabsteine

Für das Grabsteinwerk "Stein Hanel" ist das neue Grabstein-Fashionlabel "rokstyle" schon jetzt ein Erfolg - obwohl noch kein einziger dieser Steine verkauft wurde. Erst am 28. Februar ist offizielle Markteinführung, doch schon jetzt gibt Alexander Hanel täglich mehrere Interviews, empfängt Fernsehteams und Radioreporter. Das alles wirkt ein wenig überzogen, genau wie der PR-Spruch des "rokstyle"-Prospekts: "Die Marke gewährt innewohnende Lebensfreude und trägt dieses Lebensgefühl über den Tod hinaus." Es sind schicke Grabsteine. Nicht mehr, nicht weniger.

Doch Hanel geht es um mehr. Er will mit diesen neuen Grabsteinen nicht zuvorderst Geld verdienen, sagt er. Zwei- bis dreitausend Euro kostet ein "rokstyle"-Exemplar. Für konventionelle Grabsteine kann man in der Tat deutlich mehr Geld ausgeben. Der gelernte Steinmetz ist Vize-Chef des Bundes deutscher Grabsteinhersteller, seit jeher liege ihm deshalb die Friedhofskultur am Herzen, betont er: "Die Bestattungskultur ist seit vielen Jahren schon einem starken Wandel unterworfen." Das ist nichts Neues, überall werden Bestattungswälder und Urnenfelder eröffnet.

"Weg vom normalen Friedhof"

Den Trend "weg vom normalen Friedhof" findet Steinhändler Alexander Hanel bedenklich. "Und zwar nicht, weil meine Kollegen und ich dadurch weniger Grabsteine verkaufen können", beteuert er. Bei einem Großteil aller Bestattungen würden auch heute noch Grabmale von Steinmetzen gekauft. "Das Hauptproblem ist: Auf anonymen Urnenfeldern oder bei Baumbestattungen gibt's keinen eigenen Ort der Erinnerung und Trauer, das macht vielen Angehörigen früher oder später zu schaffen", sagt er. Oft dürfe man in Friedwäldern nicht einmal Blumen an Bäume legen.

###mehr-artikel###Das bestätigt auch der evangelische Theologe Kristian Fechtner. Die größte Herausforderung der sich wandelnden Bestattungskultur sieht der Professor für praktische Theologie der Universität Mainz darin, dass immer mehr Menschen anonymisiert und nicht an genau zuzuordnenden Stellen beerdigt werden. "Der Tod braucht unbedingt eine Ortsangabe", sagte er erst vor wenigen Monaten bei einer Tagung des bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in Rothenburg: "Friedhöfe sind eine angemessene Grenzziehung zwischen Lebenden und Toten."

Und während Aussegnungsfeiern und auch Bestattungen an sich immer personalisierter gestaltet würden, herrsche auf vielen Friedhöfen noch ein großer Einheitssteinbrei. "Wir wollen die klassische Erd- und auch die Urnenbestattung mit Grabmal wieder attraktiver machen", sagt Hanel. Sein Grabstein-Fashionlabel soll dabei helfen. Dabei sind deren Modelle in der Grundform sehr klassisch gehalten, sie sind nur - je nach Wunsch - recht aufwendig verziert. Zum einen mit Swarovski-Glaskristallen, aber beispielsweise auch mit Ornamentik oder farbigen Bronze-Intarsien.

Eine Frage des Geschmacks

Was die "rokstyle"-Grabsteine unter dem Strich von anderen modern anmutenden Grabmalen unterscheide, sei das gesamte Konzept, sagt Alexander Hanel: "Noch nie hat jemand Grabsteine derart beworben und in Szene gesetzt." Natürlich gebe es "sehr viele gute Steinmetze in Deutschland", er freue sich, wenn einige bereits moderne Grabsteine anböten. Seine Mode-Grabsteine sollen Anregung und Motivation sein, normale Bestattungen auf Friedhöfen wieder zu thematisieren. "Auch die Friedhofsverwaltungen sollten sich für Neues öffnen", findet er.

Dass seine heutigen "rokstyle"-Grabsteine in ein paar Jahren mal als schlimme Modesünden wie die Schulterpolster der 1980er Jahre gesehen werden, glaubt Steinhändler Alexander Hanel nicht: "Seit es Grabsteine gibt, unterliegen sie auch dem Zeitgeist." Nicht nur am Lebensende sei alles schließlich "eine Frage des Geschmacks".