Der Trägerverein der Schule und der Opferverein "Glasbrechen" haben unter Vermittlung des hessischen Landtagsabgeordneten Marcus Bocklet (Grüne) am Dienstag eine Einigung erzielt, wie die Vorsitzenden des Vereins und Bocklet gemeinsam mitteilten. Demnach soll am 14. Februar ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet werden.
Der Beirat soll nach dem Beschluss die "Taten sexueller Gewalt" sowie die "Phase der institutionellen Verdrängung von 1998 bis 2010 an der Odenwaldschule" aufklären. Die Vereine hatten bis zuletzt die Einsetzung des Beirats wegen der Frage der Mitglieder blockiert. Die Einigung wurde erzielt, nachdem eine von dem Verein "Glasbrechen" vorgeschlagene, aber vom Schul-Trägerverein abgelehnte Ex-Schülerin ihren Rückzug bekanntgab.
80.000 Euro bereitgestellt
Dem Gremium mit sechs Mitgliedern gehören an unter anderen die Kasseler Juraprofessorin Theresia Hönyck, Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, der Sozialpsychologe und emeritierte Münchener Professor Heiner Keupp, die Rechtsprofessorin an der Fachhochschule Köln, Julia Zinsmeister, und der Kieler Pädagogikprofessor Volker Kraft. Die Odenwaldschule stellt für die Aufträge des Beirats 80.000 Euro zur Verfügung.
Außerdem gaben die Vereine bekannt, dass die vom Schul-Trägerverein angekündigte, zweite Zahlung von 50.000 Euro an "Glasbrechen" zur Unterstützung bedürftiger Opfer im Februar erfolgen soll. Bisher hatte außerdem der Altschülerverein 7.000 Euro an "Glasbrechen" überwiesen. Viele der Opfer haben nach den Angaben von "Glasbrechen" nicht zu einem erfolgreichen Lebensweg gefunden und leben in großer finanzieller Not.
"Opferverein nicht als Feind betrachten"
Der Beschluss werde "nicht alle Fragen eines zukünftigen Umgangs von Schule und Opfern final bedenken können", heißt es in der gemeinsamen Erklärung einschränkend. Ein Ende der Verhandlungen sei noch nicht abzusehen, bekräftigte Adrian Koerfer für "Glasbrechen". Die Odenwaldschule müsse aufhören, den Opferverein als Feind zu betrachten. Doch sei mit dem Beschluss ein wesentlicher Fortschritt erzielt worden.
An dem Internat in Ober-Hambach bei Heppenheim sind nach einem im Dezember 2010 vorgestellten vorläufigen Abschlussbericht in den Jahren zwischen 1965 und 1998 insgesamt 115 Jungen und 17 Mädchen Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Die Verbrechen wurden erst im Frühjahr 2010 nachhaltig aufgedeckt. Der Bericht führt als Täter 13 Lehrer und Mitarbeiter, eine Lehrerin und vier Mitschüler auf. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat sämtliche Ermittlungsverfahren gegen 15 ehemalige Lehrkräfte und Mitarbeiter sowie einen Ex-Schüler eingestellt, weil die mutmaßlichen Taten verjährt waren.