Foto: dpa/Jens Büttner
Bildung ist wichtig - wer da hintenan liegt, hat auch später im Leben nur wenig Möglichkeiten.
Kaum Chancen für Bildungsverlierer
Für Menschen ohne Berufsausbildung ist das Arbeitsleben ein Dauerrisiko
Vielleicht ein Praktikum im Ausland? Oder lieber eine Lehre machen? Oder gleich studieren? Abiturienten haben oft die Qual der Wahl auf dem Weg in den Job. Im Gegensatz dazu fehlt Schulabbrechern oder gescheiterten Azubis jede Perspektive.
05.01.2013
epd
Verena Mörath

Die Botschaft ist erfreulich: Seit 2005 ist die Zahl der Schulabbrecher von fast 80.000 auf unter 50.000 im Jahr 2011 gesunken. "Die Quote konnte auf 6,2 Prozent reduziert werden", heißt es in einer Statistik aus dem Bundesbildungsministerium. Dabei liegen die Schulabbrecherquoten regional auffällig weit auseinander.

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Es gibt Landkreise und Städte, in denen - wie beispielsweise in Wismar in Mecklenburg Vorpommern - 26,6 Prozent der Jugendlichen keinen Abschluss erreichen. An manchen Orten sind es nur 2,4 Prozent, wie etwa in Forchheim in Bayern.

Der Deutsche Caritasverband hat zusammen mit dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in der Studie "Bildungschancen vor Ort" untersucht, welche Faktoren Einfluss auf die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss haben. "Erstaunlicherweise spielt die Verschuldungssituation eines Kreises oder einer Stadt für die Quote keine Rolle. Es gibt Kommunen, die es trotz sehr ungünstiger Rahmenbedingungen schaffen, jungen Menschen gute Chancen auf Bildung zu geben", erklärt Verena Liessem, Referentin für Sozialpolitik bei der Caritas und Leiterin der Studie.

Es gibt kein Patentrezept

Der Expertin zufolge gibt es keine Patentrezepte für den Erfolg, doch unabdingbar sei die Kooperation aller zivilgesellschaftlichen Akteure vor Ort: "Wenn sich alle gemeinsam aktiv für benachteiligte Kinder, Jugendliche und ihre Familien engagieren, lässt sich langfristig die Zahl der Schüler ohne Abschluss senken."

Sorgen bereitet Bildungsfachleuten zudem die hohe Zahl von Jugendlichen, die in der Ausbildung scheitern. Laut der Untersuchung "Unzureichende Bildung: Folgekosten für die öffentlichen Haushalte" des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung Berlin im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung gibt es seit Jahren gleichbleibend rund 1,5 Millionen 25- bis 34-Jährige ohne Ausbildungsabschluss. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass 52 Prozent von ihnen einen Hauptschulabschluss haben und damit formal ausbildungsfähig sind. 26 Prozent verfügen sogar über einen Realschulabschluss. Nur 22 Prozent dieser Gruppe haben kein Hauptschulzeugnis.

Zwar schaffen jährlich rund 150.000 von ihnen irgendwie den Sprung in einen Job. Aber der Preis der gescheiterten Lehre sei hoch, sagt Antje Funcke: Die gesamte Erwerbsbiografie werde von einem hohen Risiko, arbeitslos zu werden, und von einem niedrigen Einkommen geprägt.

Menschen ohne Berufsabschluss kosten den Staat

"Es ging uns vor allem um die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen, die nicht mehr in einem Übergangssystem aufgefangen werden", berichtet Funcke, die die Untersuchung betreut hat. 15,6 Prozent von ihnen sind unzureichend ausgebildet oder ohne Abschluss. "Für sie gibt es kaum Unterstützungsangebote", sagt die Expertin.

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Deshalb fordere die Bertelsmann-Stiftung, allen ausbildungsfähigen Jugendlichen eine Garantie auf einen Ausbildungsplatz zu geben. Neben dem dualen System müssten ergänzende, öffentlich geförderte Ausbildungsplätze geschaffen werden. "Wenn es gelingt, die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss zu halbieren, könnten die öffentlichen Haushalte in den nächsten zehn Jahren 15 Milliarden einsparen", rechnet Funcke vor.

Und wie reagiert die Politik auf solche Zahlen? Die Erkenntnis, dass mehr für Bildungsverlierer getan werden muss, wächst - wenn auch nur allmählich. Uwe Schummer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Bildung und Forschung, ist überzeugt, dass den 1,5 Millionen Schulabgängern ohne Berufsabschluss eine zweite, und wenn nötig, auch eine dritte Chance gegeben werden müsse. Sie sollten zumindest Teilqualifikationen erwerben. Dazu habe das Bundesinstitut für Berufsbildung hervorragende Instrumente entwickelt, die auch parallel zur Erwerbstätigkeit greifen könnten.