So viel Stille ist selten auf dem Petersplatz in Rom: Zehntausende junger Menschen stehen in schweigender Andacht zusammen. Nur gelegentlich dringt das Rauschen der Metropole auf den großen Platz vor dem Petersdom. Die Gemeinschaft von Taizé hat mit ihrem Konzept der im gemeinsamen Gebet gelebten Ökumene auch ihre schlichte und ernsthafte Frömmigkeit mit nach Rom gebracht. Das Abendgebet mit Papst Benedikt XVI. am Samstag ist der Höhepunkt des diesjährigen Taizé-Treffens.
Noch bis zum 2. Januar dauert das 35. Jugendtreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in der italienischen Hauptstadt. Unter anderem stehen Andachten in den großen Basiliken und Innenstadtkirchen von Rom auf dem Programm. Zudem werden Workshops über soziale Fragen, Spiritualität und Kunst angeboten. 32.000 Menschen sind aus dem Ausland gekommen, weitere rund 10.000 Italiener nehmen teil.
Unterkünfte bis zuletzt gesucht
Bis zuletzt suchten die Organisatoren des Taizé-Treffens nach Unterkünften für die Teilnehmer. "Wir schlafen in einem Pfarrsaal auf dem nackten Boden ohne Duschen", erzählt Alessandro (25) aus Modena. Widrige Umstände tun seiner Begeisterung keinen Abbruch. "Die Einheit im gemeinsamen Zeichen des Kreuzes zu suchen, ist heute besonders nötig", findet er.
Seine Freundin Lenneke hat Alessandro beim Taizé-Treffen vor zwei Jahren in ihrer Heimatstadt Rotterdam kennengelernt. Für den Katholiken aus Italien und die gleichaltrige Protestantin aus den Niederlanden findet gelebte Ökumene auch in der Beziehung statt.
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Am Samstagmittag stehen die beiden gemeinsam mit viele anderen geduldig am Circus Maximus, der Rennbahn des antiken Rom, für Essen an. Danach machen sie sich zu einem Pilgerweg durch Rom auf, der sie auch zur Synagoge am Tiberufer unweit des Vatikan führt. Andere Jugendliche wählen den Weg über die frühchristliche Kirche Santa Sabina und den Sitz des Malteserordens auf dem Aventin.
Ziel der Route ist der Petersplatz, wo das Abendgebet stattfindet. Die jungen Menschen stehen dort mit geschlossenen Augen, singen geistliche Lieder, viele halten Kerzen in den Händen. Der Prior von Taizé, Frère Alois, erinnert an die ökumenische Ungeduld vieler Gläubiger. Sie wollten die Einheit der Christen durch ihr Leben "vorwegnehmen", sagt er mit deutschem Akzent auf Französisch. Alessandro und seine Freundin nicken begeistert.
Papst: Vertrauen in Glauben immer wieder neu erringen
Der Papst versichert den Jugendlichen, dass die katholische Kirche sich unwiderruflich zur Ökumene bekenne. Sie suche Wege der Versöhnung, "die zur sichtbaren Einheit der Christen führen". Und das katholische Kirchenoberhaupt zeigt Verständnis für diejenigen, deren Gottvertrauen durch das Leiden Unschuldiger erschüttert wird. "Dieser Zweifel macht keine Ungläubigen aus euch." Das Vertrauen in den eigenen Glauben müsse im Gegenteil immer wieder neu errungen werden.
Junge Menschen dürften nicht aus Zwang oder aus Angst glauben, sondern müssten sich aus dem Bewusstsein ihrer Freiheit heraus für Christus entscheiden, sagt Benedikt. Jesus entfremde sie nicht der Welt, sondern führe sie durch Engagement für eine gerechte Verteilung der Güter der Erde und für Solidarität in eine vertiefte Gemeinschaft auch mit anderen Menschen.
Dann schafft Frère Alois eine symbolische Verbindung zu Gläubigen in Afrika, die nicht nach Rom kommen konnten: Er übergibt dem Papst Samen der Sorghum-Hirse. Sie seien ein "Zeichen der Hoffnung" von Afrikanern aus 35 Ländern, die im vergangenen Monat zu einem Taizé-Treffen in Ruandas Hauptstadt Kigali zusammengekommen seien. Die Saat der Hoffnung möge in den Vatikanischen Gärten gedeihen und blühen, ruft der Prior von Taizé aus.