Foto: ddp images/Torsten Silz
Autorin Charlotte Link.
Charlotte Link: "Meine Figuren sind dicht am Leben"
"Pilcher-Verfilmungen finde ich blöde": Bestsellerautorin Charlotte Link über den TV-Zweiteiler "Das andere Kind" nach ihrem gleichnamigen Roman, die Enttäuschung über bisherige Adaptionen ihrer Bücher und ihren Wechsel vom ZDF zur ARD.

Sie schreibt einen Besteller nach dem anderen und gehört mit mehr als 20 Millionen verkauften Büchern zu den erfolgreichsten deutschen Autoren der Gegenwart: Charlotte Link (49), deren populäre Romane schon oft fürs ZDF verfilmt wurden. Meistens war die Schriftstellerin jedoch unzufrieden mit dem Ergebnis, die Filme waren ihrer Ansicht nach oft zu kitschig – deshalb hat die in Wiesbaden lebende Erfolgsautorin jetzt den Sender gewechselt und versucht es bei der ARD.

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Die hat mit großem Aufwand ihren Roman "Das andere Kind" verfilmt, der sich mehr als eine Million Mal verkauft hat – der prominent besetzte Zweiteiler läuft als Programmhöhepunkt zum Jahresbeginn. Im Mittelpunkt steht die Londoner Ärztin Leslie (Marie Bäumer), deren ländliches Heimatdorf von einem scheußlichen Mord an einer Studentin erschüttert wird. Im Lauf des Zweiteilers deckt Leslie ein finsteres Familiengeheimnis auf, in das ihre eigene Oma (Hannelore Hoger) verwickelt ist. "Das andere Kind" ist am 2. und 3. Januar jeweils um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Frau Link, die ARD hat Ihren Roman "Das andere Kind" als Zweiteiler verfilmt. Sind Sie zufrieden mit der Umsetzung?

Link: Ich bin auf jeden Fall sehr viel zufriedener als bei den meisten Verfilmungen vorher. Richtig glücklich bin ich mit der Besetzung.
Viele Rollen hat man mit englischen Schauspielern besetzt – das macht den Film, der ja in England spielt, sehr authentisch.

Die bisherigen, ziemlich kitschigen Adaptionen Ihrer Bücher im ZDF mochten Sie nicht?

Link: Es gab zwischen mir und dem ZDF unterschiedliche Ansichten, wie die Filme aussehen sollen – das war irgendwann einfach nicht mehr vereinbar. Ich habe mich oft in eine Richtung gedreht gefühlt, in die ich nicht wollte.

"Durch die sehr weichgezeichneten Filme ist ein schiefes Bild entstanden"

Aber sicherlich haben Sie von den hohen Zuschauerzahlen profitiert – das hat Ihnen doch bestimmt neue Leser zugeführt ...

Link: Das sollte man denken, es war aber eher so, dass durch die sehr weichgezeichneten Filme ein schiefes Bild entstand. Leute, die meine Bücher aufgrund der Filme gekauft haben, waren verärgert, weil die Bücher anders waren als das, was sie erwartet hatten. Und Leser, die meine Bücher schon kannten, waren enttäuscht, weil die Filme nicht den Büchern entsprachen. Und alle haben sich bei mir beschwert – ein unerfreulicher Zustand.

Haben Sie sich nach diesen Erfahrungen ein Mitspracherecht bei der Adaption von "Das andere Kind" ausbedungen?

Link: Ein vertraglich gesichertes Mitspracherecht hatte ich zwar nicht, aber wir haben auf einer Vertrauensbasis sehr gut miteinander kooperiert. Ich habe im Vorfeld mit dem Produzenten Nico Hofmann, dem Regisseur und dem Drehbuchautor gesprochen und allen ganz genau erklärt, wohin ich nicht möchte. Aus den Gesprächen heraus hatte ich das Gefühl, dass das sehr genau verstanden wurde und dass ich den Leuten vertrauen kann.

Die Macher haben sich ja nicht lumpen lassen und Ihren Roman, der auf zwei Zeitebenen spielt, sehr aufwendig verfilmt. Macht Sie das als Autorin nicht auch ein bisschen stolz?

"Dass Nico Hofmann auf mich zukam, hat mich gefreut"

Link: Ehrlich gesagt: ja. Dass Nico Hofmann auf mich zukam, dass die das durchgepowert haben, obwohl es eben wegen diesen beiden Zeitebenen furchtbar viel Geld verschlungen hat – darüber habe ich mich gefreut. Aber ich war auch sehr angespannt, weil ich unter den Verfilmungen meiner Bücher in letzter Zeit etwas gelitten habe. Ich hatte zuvor einen Punkt erreicht, wo ich dachte: Lieber nie wieder eine Verfilmung, als noch eine, mit der ich nicht glücklich bin.

Und wie geht es jetzt, nach dem Senderwechsel, weiter mit neuen Verfilmungen Ihrer Bücher?

Link: Der Verlag hat auch das Buch "Die letzte Spur" an die Macher von "Das andere Kind" verkauft, dafür wird gerade das Drehbuch erstellt – und dann gucke ich weiter.

Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschen Autoren der Gegenwart. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Link: Wodurch wird ein Bestseller zum Bestseller? Das ist eine schwierige Frage. Aber aus dem, was ich von den Lesern höre, gewinne ich den Eindruck, dass sich die Leute sehr stark mit meinen Figuren identifizieren können – das ist offensichtlich ziemlich dicht an dem Leben, das die Menschen führen, und an den Problemen, die viele beschäftigen.

"Die Hauptfigur ist eine moderne Frau in der Phase der Neuorientierung"

In "Das andere Kind" spielt Marie Bäumer eine Frau, die in ihrem Heimatdorf ein schreckliches Familiengeheimnis aufdeckt. Wo liegt denn da das Identifikationspotenzial?

Link: Diese Figur ist eine moderne Frau, frisch geschieden, in der Phase der Neuorientierung – ein typisches Schicksal für viele Frauen in ihrem Alter. Aber sicherlich können sich auch viele mit der Figur der kleinen Fiona identifizieren, die im Zweiten Weltkrieg aufs Land verschickt wird. Auch wenn man so etwas selber nicht erlebt hat, sind Gefühle wie Einsamkeit und Heimweh natürlich übertragbar.

Und warum haben viele Leser offenbar große Freude an schaurigen Elementen und schlimmen Verbrechen, wie sie in Ihren Romanen vorkommen?

Link: Ein bisschen Voyeurismus ist bestimmt manchmal dabei. Aber ich benutze das Verbrechen in meinen Büchern ja, um in das dahinplätschernde Leben von verschiedenen Menschen eine Katastrophe einbrechen zu lassen, die alles umwirbelt und Fassaden einreißt. Bestimmte extreme Situationen wie Verbrechen oder auch eine schwere Krankheit können plötzlich unser Leben, so wie es verläuft, in Frage stellen. Vielleicht ist das etwas, wo die Leser gut mitgehen können.

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Werden Sie sich den fertigen Film ansehen, wenn er im Fernsehen läuft?

Link: Ich kenne ihn ja bereits, ob ich ihn dann noch einmal sehe, entscheide ich fünf Minuten vorher. Manchmal bin ich dazu einfach zu nervös.

Schauen Sie sich eigentlich auch die Verfilmungen anderer Bestsellerautoren wie etwa Rosamunde Pilcher an?

Link: Die Pilcher-Verfilmungen schaue ich mir nicht an, die finde ich blöde. Manche mögen solche Heile-Welt-Filme ja, aber ich komme damit nicht zurecht. Ich denke mir dann immer: So ist es doch im wahren Leben gar nicht. Sehr gerne sehe ich die Mankell-Verfilmungen und Donna Leon.