Als ehemalige Buchhalterin hatte Rosemarie Wendt (Name geändert) alle finanziellen Angelegenheiten für sich und ihren Mann geregelt. Doch dann begann sie immer öfter, Papiere falsch abzuheften und Gegenstände zu verlegen. Als dann plötzlich auch noch eine wichtige Akte unauffindbar war, kam ihrem Mann ein schrecklicher Verdacht. "Doch wie bringt man seiner Frau bei, dass sie sich beim Arzt auf Demenz testen lassen soll?", fragte sich der 75-Jährige.
Vor diesem Problem stehen viele Angehörige, wenn sie merken, dass sich der Partner oder Verwandte verändert, berichtet die Bonner Pflegeberaterin Lydia Kassing. Oft sei es schon ein langer Weg, bis die Diagnose Demenz überhaupt gestellt sei. Dabei sei es unerlässlich, dass Betroffene der ärztlichen Untersuchung zustimmen: "Erzwingen kann man das nicht." Sperrt sich der mutmaßliche Patient dauerhaft dagegen, empfiehlt die Expertin Angehörigen, Rat beim Hausarzt, bei Gedächtnisambulanzen oder Selbsthilfegruppen zu suchen.
Rosemarie Wendt spürte schließlich von selbst, dass etwas nicht in Ordnung war, und stimmte einer medizinischen Untersuchung zu. "Mit der Diagnose Demenz begann der langsame Abschied", sagt Horst Wendt. "Meine Frau war immer aktiv und zupackend. Heute bin ich alleine für sie verantwortlich."
Die Veränderung des Angehörigen akzeptieren
Die Trauer um den Verlust des Partners, der Mutter oder des Vaters sei für die meisten Familien zunächst das größte Problem, beobachtet die Gerontologin Reinhild Wörheide, die Kurse für pflegende Angehörige leitet. Viele Pflegende litten darunter, dass ein vertrauter Mensch sich mit einem Mal auch in der Öffentlichkeit seltsam verhält.
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"Die Angehörigen haben das Problem, dass sie sich von der Rolle verabschieden müssen, die der Mensch mit Demenz in der Familie gespielt hat", sagt Wörheide. Ein wesentlicher Schritt sei es, die Veränderung des Angehörigen zu akzeptierten. Wenn das gelinge, falle die Pflege leichter. Die Gerontologin rät Angehörigen auch, offen mit der Situation umzugehen. Wenn Bekannte und Nachbarn über die Krankheit Bescheid wüssten, sei das Verständnis oft größer als zuvor erwartet.
Besonders belastend für Angehörige ist es, wenn der Partner aggressiv wird. Horst Wendt erinnert sich mit Schaudern an eine Situation, als er mit seiner Frau zum Arzt musste, sie sich aber weigerte, ihre Schuhe anzuziehen. Der Konflikt eskalierte so weit, dass seine Frau nach ihm schlug.
Wenn Angst und Verzweiflung zu Agression führen
Nicht die Krankheit an sich bringe die Aggressionen hervor, erklärt Ellen Nickel von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Wenn Demenzkranke aggressiv würden, sei das häufig ein Indiz dafür, dass sie mit einer Situation nicht zurechtkämen. Hinter der Aggression verberge sich oft Angst und die Verzweiflung, sich nicht verständlich machen zu können.
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Ganz entscheidend sei, dass die Angehörigen möglichst gut über die Krankheit und ihre Folgen informiert seien, sagt Nickel. So trete zum Beispiel im Verlauf der Erkrankung eine Störung des Sprachverständnisses auf. Dann könne es sein, dass der Betroffene etwa die Aufforderung, die Schuhe anzuziehen, einfach nicht mehr verstehe. "Dann muss man auf einer anderen Ebene mit ihm kommunizieren," sagt Nickel. So könne man dem Kranken zum Beispiel den Schuh zeigen, oder in die Hand geben. Auf ihn einzureden verschlimmere so eine Situation nur noch. Nickel empfiehlt Angehörigen, bei Problemen Kontakt mit anderen Betroffenen zu suchen und sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Solche Gruppen werden zum Beispiel von der Alzheimer Gesellschaft angeboten. Hilfe gibt es auch bei Pflegeberatungsstellen.
Dort bekommen Angehörige von Demenzpatienten auch Informationen zu Entlastungsangeboten wie Tagespflege oder stundenweiser Betreuung. Die Pflegenden sollten sich in jedem Fall Hilfe und Unterstützung holen, betont Kassing. Auch Horst Wendt stellte fest, dass er auf Dauer mit der Betreuung seiner Frau nicht fertig wurde. Er schloss sich einer Selbsthilfegruppe an: "Dort habe ich praktische Tipps bekommen, wie ich mit bestimmten Situationen besser umgehen kann."