Peter Gauweiler, Günther Beckstein - zwei Protestanten in der CSU, die als Innenpolitiker gelegentlich mit ihrer evangelischen Kirche über Kreuz lagen. Geht Ihnen das gelegentlich auch so?
Hans-Peter Friedrich: Nein, ich liege mit meiner Kirche nicht über Kreuz. Im Gegenteil, ich fühle mich als Teil der evangelischen Kirche. Allerdings habe ich mit manchen tagespolitischen Äußerungen einiger kirchlicher Funktionsträger schon manchmal meine Probleme.
Bei welchen Punkten?
Friedrich: Zum Beispiel bei der Frage, wie man mit Asylmissbrauch umgeht oder bei Fragen zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.
"Die Grünen sind mit einigen Ausnahmen wie Frau Göring-Eckardt ohnehin kirchenfern"
Wäre es Ihnen lieber, dass die Kirche bei solchen Fragen schweigt?
Friedrich: Nein, es ist richtig, dass sich die Kirche in politische Debatten einbringt. Aber manche Stellungnahme ist doch sehr einseitig.
Die im Bundestag vertretenen Parteien stehen den Kirchen in unterschiedlichem Maße nahe. Ist die K-Frage "Wie hältst Du es mit den Kirchen" für die Auswahl des Koalitionspartners relevant?
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Friedrich: Ich sehe mit großer Sorge, dass es in allen Fraktionen außerhalb von CDU und CSU mehr und mehr Kirchengegner gibt. Ich sehe Laizisten in der SPD rund um Herrn Schwanitz, ich sehe offene Kirchengegner in der FDP und die Grünen sind mit einigen Ausnahmen wie Frau Göring-Eckardt ohnehin kirchenfern. Für mich hat das Engagement der Kirchen schon immer eine große Rolle gespielt.
Die Rolle von Glauben und Kirche in der Gesellschaft hat sich verändert, wesentliche Grundsätze des Staatskirchenrechts werden inzwischen infrage gestellt. Finanzen und Staatsleistungen sind Stichworte, ebenso Arbeitsrecht oder Religionsunterricht. Welchen Wert misst die Politik heute noch dem Engagement der Kirchen zu?
Friedrich: Gerade in den Gemeinden vor Ort nehmen die Kirchen nach wie vor einen großen Stellenwert ein. Viele Städte und Gemeinden sind auf die Sozialarbeit und die Wertevermittlung der Kirchen angewiesen. Denken Sie nur an die vielen Kindergärten oder Senioren- und Pflegeheime, die hervorragend von den Kirchen betrieben und zum Teil auch mitfinanziert werden.
Und auf der Bundesebene?
Friedrich: Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir den Kirchen einen hohen Stellenwert beimessen, nicht nur wegen ihrer sozialen Arbeit. Als CDU/CSU sind wir uns darin einig, dass wir die Wertevermittlung der Kirchen dringend brauchen. Besonders den Jugendlichen müssen wir grundlegende Werteorientierungen vermitteln, damit sie nicht Opfer von Extremisten oder Propagandisten werden.
"Luther hat kraftvoll bewiesen, was es heißt, gegen den Mainstream zu schwimmen"
Gibt es in Ihrem politischen Berufsleben Momente, wo Sie mit Ihrem politischen und wissenschaftlichen Handwerkszeug als Jurist und Ökonom an Grenzen kommen und Sie sich auf Ihren Glauben verlassen?
Friedrich: Ich würde das nicht in einen Widerspruch setzen. In Ökonomie und Juristerei werden Gesetzmäßigkeiten verhandelt, die von Menschen geschaffen worden sind. Außerhalb dieses Systems gibt es noch etwas Höheres.
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Die evangelische Kirche geht auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 zu. Was verbinden Sie damit?
Friedrich: Ich bin überzeugter Lutheraner, im Sinne: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders." Luther hat kraftvoll bewiesen, was es heißt, gegen den Mainstream zu schwimmen. Das hat mich schon immer beeindruckt. Auch in diesem Sinne fühle ich mich als echter Lutheraner.
Die Synode der EKD hat sich dafür ausgesprochen, 2017 den Reformationstag zum 500. Jubiläum von Luthers Thesenanschlag bundesweit zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Welche Möglichkeiten hätte der Bund, das zu fördern?
Friedrich: Auch wenn man das Jahr des Reformationsjubiläums nicht mit der Frage nach gesetzlichen Feiertagen überlagern sollte, würde ich es begrüßen, wenn die Länder, die für die Festlegung von gesetzlichen Feiertagen zuständig sind, den Tag des 500. Reformationsjubiläums als gesetzlichen Feiertag anordnen würden.