Die Lautsprecher des Coffee Shops am Manger Platz Bethlehem berieseln Gäste und Passanten mal mit Jingle Bells, mal mit Stiller Nacht. So rechte Stimmung will in der Geburtsstadt von Jesus trotzdem nicht aufkommen. Auch der vielleicht 15 Meter hohe, pyramidenförmige Kunstbaum, an dem nur noch die Lichter fehlen, vermag daran nichts zu ändern. Gut eine Woche vor Heiligabend bleibt der gewohnte Ansturm christlicher Pilger und Touristen an der heiligen Stätte aus. Ein einsames Paar sitzt in dem Straßencafe. Vor der Geburtskirche warten Schmuck- und Postkartenverkäufer vergeblich auf Kundschaft.
"Um diese Jahreszeit treten sich die Touristen normalerweise gegenseitig auf die Füße, aber dieses Jahr? nichts!", schimpft Adnan Sobeh. Gleich hinter dem Rathaus der palästinensischen Stadt hat er einen kleinen Laden. Dabei hatte sich das Geschäft in der Vorweihnachtszeit für den Souvenirhändler zunächst gut angelassen, "es war sogar besser als im letzten Jahr". Aber dann machte ihm der Gazakrieg einen Strich durch die Rechnung. Viele Besuchergruppen hätten aus Angst um ihre Sicherheit die Reisen kurzfristig storniert.
Von Bethlehem soll Botschaft vom Frieden in der Welt ausgehen
Die Gruppen machen den Großteil der Pilger aus. Viele nutzen Pauschalangebote, mit Jordanien und Ägypten als weiteren Etappen des Nahost-Trips. Mehr als ein Viertel der Touristen kommen aus Russland, gefolgt von Polen, Italien und den USA. Dieses Jahr Weihnachten soll von Bethlehem "die Botschaft vom Frieden in der Welt und für das Ende der Besatzung ausgehen", sagt Issam Juha, stellvertretender Bürgermeister der Stadt.
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Tausend palästinensische Kinder sind aufgerufen, am 24. Dezember "ihre Gedanken, Hoffnungen und Wünsche an die Mauer zu malen", verkündet Juha. Der Bürgermeister glaubt, dass das Votum der Generalversammlung der Vereinten Nationen für Palästina als UN-Beobachterstaat "ein Meilenstein auf dem Weg zu unserer Unabhängigkeit ist".
Bethlehem erfährt mit der Entscheidung der Unesco, die Pilgerroute und die Geburtskirche als Weltkulturerbe anzuerkennen, eine weitere internationale Aufwertung. Die Pilgerroute ist ein kurzer Abschnitt auf dem Weg, den Josef und Maria vor gut 2000 Jahren zurückgelegt haben sollen. Heute kommen die kirchlichen Patriarchen und Würdenträger an Heiligabend auf dem selben Weg von Jerusalem nach Bethlehem.
Trennanlagen und Kontrollen "machen das Geschäft kaputt"
Die von Israel errichtete Trennanlage zieht sich tief in die Stadt, um gläubigen Juden den Zugang zum biblischen Grab der Rachel, das in Bethlehem liegt, zu ermöglichen. Trennanlagen und Straßenkontrollen "machen uns das Geschäft kaputt", meint Souvenirhändler Sobeh und holt eine Holzschnitzerei hervor, die Krippe und Stall hinter einer Mauer zeigt. Sonst ist das Warenangebot des 42-jährigen Familienvaters eher traditionell: Palästinensertücher und bestickte Schultertaschen, Holzschnitzereien und billiger Schmuck.
Trotz der Mauer scheint sich Bethlehem Schritt für Schritt ökonomisch zu erholen, wobei die Arbeitslosigkeit mit 23 Prozent noch immer sehr hoch ist. 5.000 Zimmer in 33 Hotels bietet die Stadt, das sind fast sechs Mal so viele wie vor zwei Jahrzehnten - und es wird weiter gebaut. Denn Tourismus ist für Jesu Geburtsstadt der wichtigste Wirtschaftszweig und zugleich der anfälligste in politisch schwierigen Zeiten.
Im vergangenen Jahr überschattete die "Arabellion" den Pauschaltourismus, im November versetzte Israels Operation "Wolkensäule" gegen die Islamisten und der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen dem Besucherstrom einen Dämpfer.
"Wir wussten, dass Frieden sein würde, wenn wir kommen"
Für John Duttie, der mit seiner Frau das Heilige Land besucht, war die Eskalation im November kein Grund, seine Reise zu stornieren. "Wir wussten, dass Frieden sein würde, wenn wir kommen", sagt der 52jährige Nigerianer, der mit einer von der Regierung seines Landes subventionierten Reisegruppe nach Israel und Palästina reiste. Die insgesamt 350 Pilger aus Nigeria sind mit sechs Bussen unterwegs und planen spontan.
"Wir wollen in Bethlehem übernachten", sagt Duttie, ein Hotel hätten sie nicht gebucht. Bei den momentan noch so niedrigen Besucherzahlen dürften sie kein Problem haben, eine Herberge zu finden.