Es klingt wie eine schöne Liebesgeschichte unter schwierigsten Umständen: Zwei Frauen fliehen unabhängig voneinander aus ihrem Heimatland Uganda, weil sie dort als Lesben verfolgt werden. Sie kommen beide nach Deutschland, lernen sich in einer Flüchtlingsunterkunft bei Augsburg kennen und verlieben sich. Doch was der Beginn eines glücklicheren Lebens sein könnte, entwickelt sich zur Fortsetzung ihres Leidens. Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) glaubt ihnen nicht, ebensowenig wie das Verwaltungsgericht Augsburg.
"Wir lieben uns einfach. Wir verstehen uns und sorgen füreinander", sagt die eine, deren Asylantrag gerade abgelehnt wurde und die anonym bleiben möchte. Sie legt dabei ihre Hand auf den Arm ihrer Partnerin, deren Antrag noch läuft. Hier, in der Münchner Lesbenberatungsstelle, fühlt sich die 21-Jährige sicher. Weil sie Frauen liebt, wurde sie in Uganda beleidigt und bedroht, ihre Familie hat sie verstoßen.
Bis zu 14 Jahre Haft für Homosexuelle
Nach dem Gesetz drohen Homosexuellen in dem afrikanischen Land bis zu 14 Jahre Haft, das Parlament will demnächst über eine Verschärfung entscheiden. Westliche Länder wie die Bundesregierung haben mit der Kürzung der Hilfsgelder gedroht, um politisch Druck auszuüben. Es besteht kein Zweifel, dass in Uganda ein homosexuellenfeindliches Klima herrscht.
###mehr-artikel### Auch Ivo Moll, Präsident des Verwaltungsgerichts Augsburg, weiß das. Dennoch hat sein Gericht die Entscheidung des BAMF bestätigt, der jungen Uganderin die Anerkennung als Flüchtling zu verweigern. "Der zuständige Richter kam zu der Überzeugung, dass die Erzählung der Frau konstruiert war, weil sie oberflächlich und schablonenhaft war", sagt Moll.
Jemanden abzuschieben, weil er nicht glaubwürdig von seiner sexuellen Orientierung berichtet - Rita Braaz von der Lesbenberatungsstelle (Letra) München findet das schlicht unmenschlich. "Es gibt keine Möglichkeit, das zu beweisen", sagt sie. "Man muss akzeptieren und glauben, was Menschen über ihr Leben sagen." Ihre Kollegin, die Sozialpädagogin Diana Horn, weist darauf hin, dass Menschen mit Traumata nicht stringent erzählen. Auch deutsche Frauen hätten meist am Anfang "Schwierigkeiten, über ihr Lesbisch-Sein zu reden" - umso schwieriger sei es für Menschen aus einem Land, in dem Homosexuelle verfolgt würden.
Homosexualität erst seit kurzem als Flüchtlingsgrund anerkannt
Verfolgung wegen Homosexualität gilt erst seit kurzem als zwingender Grund für die Anerkennung als Flüchtling. Noch 1988 schrieb das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil, drohende Strafen müssten "offensichtlich unerträglich hart sein". Andere Urteile wurden so begründet, dass Schwulen und Lesben ja die Möglichkeit hätten, sich in ihrem Land "bedeckt" zu halten, um einer Gefährdung zu entgehen.
Doch Manfred Bruns, Vorsitzender des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland, weiß, dass das nicht stimmt. "Das trifft für viele Länder nicht zu. In islamischen Ländern wie dem Iran werden Schwule und Lesben von ihren Eltern verraten, wenn die dahinterkommen."
Eine EU-Richtlinie von 2004 sollte diese Praxis ändern. Sie benennt die sexuelle Ausrichtung ausdrücklich als Verfolgungsmerkmal und schließt jede Art der Diskriminierung ein. Dennoch hat das Verwaltungsgericht Augsburg noch im April 2011 einem Syrer die Anerkennung verweigert. "Bei der angedrohten Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren kann auch nicht von einer unmenschlichen Strafe gesprochen werden", hieß es zur Begründung.
"Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis"
Im Fall der Uganderin argumentiert das Gericht anders: Ihre Aussagen vor Gericht seien im Vergleich zu den Protokollen der Erstanhörung vor dem BAMF widersprüchlich gewesen, sagt Moll. Die Richter bräuchten in solchen Fällen "Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis".
"Es gab schon Fälle, in denen Flüchtlinge anerkannt wurden wegen ihrer Homosexualität", sagt Agnes Andrae vom bayerischen Flüchtlingsrat. "Aber das sind Leute, die politisch sehr aktiv sind und die Kraft haben, es zu äußern." Auch wenn Menschen versucht hätten, ihre Homosexualität offen zu leben und deshalb vom Staat verfolgt worden seien, sei die Beweisführung leichter.
Wer zwar unter Diskriminierung litt wie die junge Uganderin, ohne jedoch verurteilt worden zu sein, hat schlechte Aussichten. Die Hoffnung hat sie jedoch noch nicht aufgegeben. Sie erzählt ihre Geschichte jetzt in zweiter Instanz noch einmal vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof.