"Für Missbrauchsopfer ist im letzten Jahr definitiv zu wenig erreicht worden", sagte der Beauftragte am Donnerstag in Berlin. Rörig kritisierte, dass das geplante Gesetz zur Stärkung der Opferrechte derzeit im Rechtsausschuss des Bundestages "schlummert". Er sehe die Gefahr, dass die Politik in Zeitnot gerät, sagte Rörig mit Blick auf die Bundestagswahlen im nächsten Jahr.
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Der Entwurf für das Gesetz aus dem Bundesjustizministerium liegt nach Rörigs Angaben seit 18 Monaten vor. Das Gesetz sieht unter anderem längere zivilrechtliche Verjährungsfristen vor. Dies war eine der zentralen Forderungen des Runden Tisches, der eingesetzt wurde, nachdem ab Anfang 2010 zahlreiche Missbrauchsfälle vor allem in kirchlichen Einrichtungen aufgedeckt wurden.
Das Gremium unter Beteiligung der Bundesfamilien-, -Bundesjustiz- und Bundesbildungsministeriums hatte vor gut einem Jahr seine Arbeit beendet. Rörig löste danach Christine Bergmann im Amt der Missbrauchsbeauftragten ab.
Das Schweigen von Bund und Ländern
Der Runde Tisch beschloss damals außerdem einen 100-Millionen-Euro-Fonds für die Finanzierung von Hilfen für Opfer, der je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden sollte. Auch dabei tue sich nichts, kritisierte Rörig. Er hatte in den vergangenen Monaten immer wieder an sie appelliert, ihre Zusage einzuhalten. Das Schweigen der Politik, der Bundesregierung und der 16 Bundesländer sei unerträglich, sagte Rörig.
Mit Blick auf ein geplantes Bilanztreffen zum Runden Tisch sagte Rörig, dort dürfe es nicht weitere Enttäuschungen für die Opfer geben. Das Treffen ist nach seinen Angaben für den 20. Februar angesetzt. Ursprünglich sollte es bereits vor Weihnachten stattfinden, wurde aber verschoben: "Ich hoffe, nicht aus Verlegenheit", sagte Rörig dazu.
Auch ein wenig Optimismus
Dennoch sehe er ein Jahr nach seinem Amtsantritt auch Grund für "vorsichtigen Optimismus", fügte er hinzu. Die Gesellschaft gehe heute offener und verantwortungsbewusster mit dem Thema um. Dankbar sei er darüber, dass alle geplanten Vereinbarungen mit Dachorganisationen inzwischen unterzeichnet seien. Darin verpflichten sich staatliche und freie Träger von Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Kliniken, Schulen oder Heimen zur Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte die Vereinbarung im Sommer unterzeichnet, die Diakonie vor zwei Wochen.
Vorsichtig bewertete Rörig die Ergebnisse einer von ihm im Auftrag gegebenen Umfrage in Einrichtungen. Dabei gaben 61 Prozent an, bereits Präventionsmaßnahmen umgesetzt zu haben. Die Fragebögen wurden laut Rörig an 12.000 Einrichtungen geschickt, gut 3.000 seien zurückgekommen. Neben vielen positiven Rückmeldungen habe es in der Reaktion auch Sätze gegeben wie: "Wir sind eine Kita und haben mit dem Thema nichts zu tun."