Neun Jahre nach dem Scheitern eines ersten Antrags unternehmen die Innenminister der Länder einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Bei ihrer Konferenz in Rostock-Warnemünde plädierten die Ressortchefs am Mittwoch einstimmig für einen entsprechenden Antrag an das Bundesverfassungsgericht, wie der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), sagte. Ein erstes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD war 2003 gescheitert, weil die Beweise auch von V-Leuten in den Führungsetagen der Partei stammten.
Zur Begründung des Beschlusses verwies Caffier auf die Materialsammlung, die die Innenminister im Frühjahr in Auftrag gegeben hatten. "Wir können mit öffentlich zugänglichen Beweismitteln belegen, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist", bekräftigte Caffier. Der Antrag zeige auch, dass die Demokratie in Deutschland wehrhaft sei.
Länderchefs entscheiden am Donnerstag
Daher wollten die Innenminister die klare Empfehlung an die Ministerpräsidentenkonferenz geben, "in ein Verbotsverfahren einzutreten", sagte Caffier. Die Regierungschefs der Länder treffen am Donnerstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen, um über einen neuen NPD-Verbotsantrag zu entscheiden. Es wird erwartet, dass sie der Empfehlung der Fachminister folgen.
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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach von einem insgesamt "gemischten Bild". Zwar habe es zu keiner Zeit eine bessere Materialsammlung über die rechtsextreme Partei gegeben. Diese belege den aggressiv-kämpferischen Charakter der NPD, etwa durch personelle Verflechtungen mit der Neonazi-Szene und eine nicht eindeutige Distanzierung von Gewalt. Dennoch blieben Risiken bei dem Verbotsantrag. Neben juristischen gebe es auch ein politisches Risiko, dass eine sich klar auf dem absteigenden Ast befindliche Partei möglicherweise durch einen solchen Antrag wiederbelebt wird, warnte der Bundesinnenminister.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte, die Materialsammlung weise die Verbindung der NPD zur Neonazi-Szene eindeutig nach. Er betonte zugleich, dass ein NPD-Verbot allein im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht ausreiche. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) appellierte an Bundesregierung und Bundestag, sich der Entscheidung der Innenminister anzuschließen. "Ein Herumwackeln in der Mitte kann es nicht mehr geben", sagte er in Richtung von Bundesinnenminister Friedrich. Friedrich sowie die bis zuletzt skeptischen Länder Saarland und Hessen hatten neben ihrer Stimme für einen neuen Verbotsantrag bei der Konferenz in Rostock Protokollnotizen abgegeben.
Zustimmung der Kanzlerin noch unsicher
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, begrüßte den Beschluss der Innenminister. "Ich hoffe nun sehr, dass sich auch Bundestag und Bundesregierung der Entscheidung der Länder anschließen." Wie sich das Parlament positioniert ist offen. Abgeordnete von FDP, Grünen und Linkspartei forderten, als Grundlage ihrer Entscheidung ebenfalls die Informationssammlung des Verfassungsschutzes einsehen zu dürfen.
Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung sind berechtigt, einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Beim ersten Verfahren beteiligten sich alle drei Verfassungsorgane. Vonseiten der Bundesregierung kam bisher nicht nur von Friedrich Skepsis. Auch für Bundeskanzlerin Merkel sei es wichtig, dass ein Antrag auch Aussicht auf Erfolg hat, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin.
Am Rande der Innenministerkonferenz kam es zu zwei Demonstrationen, die nach Angaben der Polizei friedlich verliefen. Am Mittag hatten sich knapp 40 Personen an einer Demonstration durch Warnemünde unter dem Motto "NPD-Verbot jetzt!" beteiligt. Etwa 20 Teilnehmer dieses Aufzuges hielten über mehrere Stunden eine Mahnwache vor dem Tagungshotel ab. Abends demonstrierten in Rostock etwa 80 Menschen für ein Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge. Die NPD selbst hatte in der Nähe des Hotels einen Informationsstand mit etwa 60 Teilnehmern aufgebaut.