Crimson, der Lexikonschreiber
Wozu gehen obdachlose Menschen ins Internet? Crimson recherchiert für seine Lexikonartikel.

Crimson sucht nach germanischen Göttern – für sein Lexikon, das inzwischen mehr als fünf Gigabyte groß ist. Er schwankt, heute war ein schwerer Tag. Die ganze Nacht war er "irgendwo in Dortmund", mit einem Freund, hat geredet und getrunken. Das macht er manchmal, sagt er, dann ist mal für ein paar Tage verschwunden, woanders, nicht in seiner Wohnung in der Nähe des Brückentreffs.

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Der große dünne Mann mit dem langen grauen Haar war einmal Bergmann, hat Sozialarbeit studiert, in der Gehörlosenhilfe gearbeitet. "Ich muss aber frei sein", sagt er und lacht. "Betrunken muss ich nicht immer sein, aber frei."

Arbeit sucht er nicht – weder im Netz, noch sonst irgendwo. "Ich bin 53 und sehe so aus, dass meine Mutter sich schämt – da findet man doch nichts. Aber beschäftigt bin ich und auch zufrieden." Das Eichhörnchen Ratastösk an der Wurzel des germanischen Weltenbaums interessiert ihn gerade am meisten. "Ohne Wikipedia möchte ich nicht sein", sagt Crimson. Deshalb wartet er regelmäßig auf seine halbe Stunde Internetnutzung im Brückentreff, zieht sich seine Informationen auf einen USB-Stick und verarbeitet sie dann Zuhause. Dort hat er keinen Internetzugang. "Das lenkt mich vom Schreiben ab", sagt er.