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TV-Tipp des Tages: "Tatort: Todesschütze" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Todesschütze", 2. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten
Drei junge Männer belästigen in einer Straßenbahn die Fahrgäste. Als sie einem Obdachlosen Bier über den Kopf schütten, greift eine Frau beherzt ein.

Das Verbrechen ist von bedrückender Aktualität: Jugendliche pöbeln rum, ein Erwachsener mischt sich ein und muss seine Zivilcourage mit schwersten Verletzungen oder gar mit dem Leben bezahlen. Im letzten Jahr hat der MDR diese Geschichte schon mal erzählt, damals im Rahmen der ausgezeichneten Kika-Reihe "krimi.de" ("Schuldig").

Zumindest der Handlungsauftakt dieses "Tatort" aus Leipzig, "Todesschütze", scheint dem Kinderkrimi nachempfunden: Drei junge Männer belästigen in einer Straßenbahn die Fahrgäste. Als sie einem Obdachlosen Bier über den Kopf schütten, greift eine Frau beherzt ein. An der nächsten Haltestelle steigt sie gemeinsam mit ihrem Mann aus; und die Jugendlichen auch. Wie Raubtiere fällt das Trio über das Lehrer-Ehepaar her. Hemmungslos schlagen und treten sie auf die beiden ein; auch, als die Opfer längst auf dem Boden liegen. Die Frau, im fünften Monat schwanger, wird ihr Baby verlieren und später ihren Verletzungen erliegen.

Das Dilemma - Vater oder Polizist?

Mario Giordano und Andreas Schlüter, die neben einigen Sonntagskrimis auch schon mehrere Beiträge für "krimi.de" geschrieben ("Schuldig" allerdings nicht), geben ihrer Geschichte auf diese Weise ein klares Vorzeichen: Identifikationsfigur ist neben den beiden Ermittlern Saalfeld und Keppler (Simone Thomalla, Martin Wuttke) der Ehemann, René Winkler, den Stefan Kurt mit der angemessenen Mischung aus Trauer, Verzweiflung und schließlich purem Zorn spielt; und weil er das gut macht, überträgt sich diese Gefühlsmelange selbstredend auf den Zuschauer.

Zur zentralen Figur aber wird ein anderer Mann, und auch sein Dilemma ist nachvollziehbar: Noch während des Überfalls werden zwei Streifenpolizisten auf den Vorfall aufmerksam. Schockiert stellt einer der beiden fest, dass er die Schläger gut kennt: Es sind die Freunde seines Sohnes; und der ist auch dabei. Wie soll sich der Mann nun verhalten: als Vater, der seinen Sohn schützt – oder als Polizist, der genau weiß, dass er die Zukunft des Jungen ruiniert, wenn er aussagt?

Ein Mann voller Wut

Ebenso wie Kurt ist auch Wotan Wilke Möhring eine ausgezeichnete Besetzung, denn im Gegensatz zum Witwer Winkler ist Philipp Rahn generell ein Mann voller Wut. Buch und Regie lassen offen, woher dieser Zorn rührt; kurze Szenen genügen aber, um zu verdeutlichen, dass Rahn ständig kurz vor dem Ausbruch steht. Als sein Partner (Rainer Piwek) und Mitwisser die Belastung nicht mehr aushält und die Identität der Jugendlichen preisgeben will, wird er aus größerer Distanz erschossen; und der Film doch noch zum Krimi.

Auch wenn die Täter zumindest des ersten Mordes von Beginn an feststehen, ist "Todesschütze" alles andere als langweilig. Regisseur Johannes Grieser inszeniert den Film im Gegenteil überaus dicht und führt vor allem die Schauspieler ganz ausgezeichnet. Gerade die Darsteller der drei Jugendlichen, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel, sind bedrückend gut. Über die Ursachen ihrer Gewalttat lässt sich das Drehbuch nicht weiter aus, was aber nicht weiter stört, zumal die Biografien des Trios beredt genug sind: Tobias (Jonas Nay) hat einen zu Gewalt neigenden Vater, Marcel (Antonio Wannek) ein langes Vorstrafenregister und Robin (Vincent Krüger) führt ein Dasein in reichlich finsterer Umgebung.

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Insgesamt eine ausgesprochen glaubwürdige gespielte, fesselnd umgesetzte und auch psychologisch interessante Fallstudie über eine Handvoll Menschen, die lernen müssen, mit einem furchtbaren Ereignis und einer schaurigen Erkenntnis zu leben. Dass am Ende auch der Lehrer zur Waffe greift, treibt die Spirale der Gewalt zwar auf die Spitze, fügt sich aber dennoch schlüssig in die Geschichte ein.