Foto: dpa/John Stillwell
Anglikanische Männergesellschaft: Die Generalsynode der Kirche von England hat das Bischofsamt für Frauen abgelehnt. Der scheidende Erzbischof Canterbury, Rowan Williams (Mitte), hatte sich vehement für die Zulassung von Frauen eingesetzt.
Anglikanische Kampfansage an den "boys club"
Die Generalsynode der Kirche von England hat sich gegen Frauen im Bischofsamt ausgesprochen. Doch für Pfarrerin Jody Stowell hat die Kirche ohne die Reform versagt. "Wir brauchen weibliche Vorbilder", sagt sie.

Jody Stowell ist wütend. Und enttäuscht. Wütend über die Zeitverschwendung, enttäuscht von ihren Vorgesetzten, von ihrer Kirche. Jody Stowell ist Pfarrerin in der All Saints-Gemeinde in Harrow Weald, einem Vorort von London. Seit mehr als zehn Jahren setzt sie sich für die Ernennung von Frauen für das Bischofsamt ein. In den vergangenen Wochen ging ihre Kampagne in die Hochphase. Stowell und ihre Unterstützer haben getwittert, gebloggt, ihre Vision von Frauen in der Führungsetage der Anglikanischen Kirche über Facebook verbreitet. Sie haben diskutiert, gestritten, gekämpft.

Ihr Ziel haben die Aktivisten nur knapp verfehlt. Die mangelnde Unterstützung der Laien hat den Traum von der weiblichen Bischöfin in der anglikanischen Kirche am Dienstag platzen lassen. Für Stowell (Foto: privat) eine „ungesunde Entscheidung“. “Die Kirche muss endlich Reformen einleiten”, sagt die 37-Jährige. “Es geht nicht nur um die Kirche selbst, sondern auch um Veränderungen in unserer Gesellschaft. Wenn wir das nicht schaffen, haben wir versagt.”

Stowell hält nichts von feministischer Anti-Haltung oder Hassansagen gegenüber Männern. Für sie ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein Auftrag Gottes. "Ich schaue mir die Bibel an und sehe eine Befreiungsgeschichte der Frau", sagt Stowell. Bereits während ihres Theologie-Studiums hat sie sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und sich dann bei "Fulcrum", einer Organisation, die Veränderungen innerhalb der anglikanischen Kirche vorantreiben will, engagiert. Vor der Generalsynode hat sie die Online-Kampagne „yes2womenbishops“ gegründet, damit ihre Unterstützer mit einer Stimme sprechen.

Nicht immer stößt ihr Engagement auf Verständnis. Viele Kollegen seien sehr skeptisch, sagt Stowell. Manche ignorierten einfach, dass die Bibel Frauen nicht als stille, gehorsame Gefährten der Männer sehe, sondern sie als gleichberechtigte, starke Personen zeige.

Auch in ihrer Gemeinde All Saints musste Stowell Aufklärungsarbeit leisten. Wie in vielen Gemeinden der anglikanischen Kirche, liegt das Durchschnittsalter der regelmäßigen Kirchgänger deutlich über 65 Jahren. Am Sonntag bleiben die Kirchenbänke of leer. "Die Idee von einer Frau als Bischöfin erschüttert ihr Weltbild", sagt Stowell. "Viele sind mit einem klaren Rollenverständnis aufgewachsen." Doch Stowell hat ihnen gezeigt, dass Kirche auch anders funktionieren kann.

Bruch mit Konventionen

Sie hinterfragt die festgefahrenen Rollenbildern, unterstützt ihre weiblichen Mitarbeiter, wenn sie verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen wollen. Sie spricht offen über den "alltäglichen Wahnsinn" Familie, Haushalt und Job zu vereinbaren, wenn beide Elternteile arbeiten. Stowell bricht mit Konventionen, trägt Nasenring und Fair-Trade-Kampagnenshirts, hat sich einen Schmetterling auf den linken Unterarm tätowieren lassen.

###mehr-artikel### Aber vor allem ist sie Pfarrerin durch und durch. Das Kollarhemd mit dem weißen Kragen als Zeichen ihres Berufs trägt sie nicht nur im Dienst, sondern auch in ihrer Freizeit - beim Einkaufen, wenn sie ihre Tochter zum Klarinettenunterricht bringt. "Ich will mich als Pfarrerin zeigen", sagt Stowell.

Stowell hat sich an den "boys club" gewöhnt. Zwar steigt die Zahl der Frauen, die in der anglikanischen Kirche arbeiten  - jeder dritte Geistliche ist inzwischen weiblich –  doch in Kirchengremien sind immer noch deutlich mehr Männer vertreten als Frauen. Dennoch ist die Liste der Unterstützer, die auch Frauen im Bischofsamt sehen wollen, lang. Der scheidende Erzbischof Rowan Williams gehört dazu, ebenso sein Nachfolger Justin Welby oder der britische Premierminister David Cameron.

Würde Jody Stowell gerne zur Bischöfin ernannt werden? "Es gibt bereits jetzt viele Frauen, die ich gerne in der Führungsriege der Kirche sehen würde", sagt Stowell. „Wir brauchen Vorbilder, die mitgestalten und leiten.“ Noch strebt sie aber kein höheres Amt an. Sie liebe es, zu predigen und Projekte für die Kinder in ihrer Gemeinde anzubieten, sagt sie. Doch wenn der richtige Zeitpunkt kommt in der Kirchenhierarchie aufzusteigen, würde sie nicht Nein sagen.

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Nach der Entscheidung der Generalsynode hat Stowell keine ruhige Minute mehr. Journalisten wollen ihre Kampagne vorstellen, der TV-Sender Channel 5 hat einen Beitrag über sie gemacht, Männer und Frauen aus ihrer Gemeinde melden sich bei ihrer Pfarrerin. Am kommenden Sonntag wird sie die Gemeindemitglieder der All Saints-Kirche wiedersehen. "Los Jody, gib’ nicht auf, sagen mir meine Unterstützer", sagt Stowell, sie klemmt sich die Haare hinters Ohr und atmet tief durch. Die Entscheidung der Generalsynode hat sie wütend, aber nicht mürbe gemacht. Stowell wird weitermachen. Daran gibt es keinen Zweifel.