Kommentar
Bild: evangelisch.de/Simone Sass
Mehr Dienstgemeinschaft - mit oder ohne Gewerkschaft
Das Bundesarbeitsgericht urteilte zum kirchlichen Arbeitsrecht, dass Kirchen und Gewerkschaften sich an einen Tisch setzen müssen, die Kirchen aber grundsätzlich der Recht haben, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Die Dienstgemeinschaft wird dadurch aber nicht unbedingt gestärkt. Dabei ist sie das, was die Diakonie von anderen Sozialunternehmen unterscheidet.
21.11.2012
evangelisch.de

Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Kirche und Diakonie bilden eine Dienstgemeinschaft. Diesen Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil zum Dritten Weg nicht infrage gestellt. Das Gericht ging sogar noch weiter: Ein Arbeitskampf zur Erzwingung eines Tarifvertrages führe "zur Auflösung der Dienstgemeinschaft" und schade der Glaubwürdigkeit von Diakonie und Kirche.

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Daher musste das Gericht abwägen zwischen den Grundrechten der kirchlichen Selbstbestimmung und dem Recht der Gewerkschaften, als Zusammenschluss die Interessen von Arbeitnehmern zu vertreten. Im Prinzip haben die Richter nur gesagt: Einigt euch, und die Gewerkschaften dürfen auch mitreden.

Dass es überhaupt so weit kommen musste, ist das eigentlich Bedauerliche an dem Prozess. Denn der Begriff der Dienstgemeinschaft beinhaltet nicht nur den Dienst am Menschen, sondern auch die Gemeinschaft der Dienenden. Das wird durch die Diskussion um die Arbeitsbedingungen, Streiks und Wirtschaftlichkeit in den Hintergrund gedrückt. Es gibt zwar noch immer diakonische Einrichtungen, in denen es keine Mitarbeitervertretungen gibt, weil einfach alle zufrieden sind. Aber die Diakonie ist zugleich in den Ruf geraten, zumindest zum Teil ein ausbeuterischer Arbeitgeber zu sein.

In einer Dienstgemeinschaft sollte Streik nicht nötig sein

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung kam im Juli 2012 zum Ergebnis, kirchliche Einrichtungen setzten ihre Sonderstellung gezielt auf dem Markt der Sozialleistungen ein. Der Dritte Weg "als gelebte Dienstgemeinschaft" existiere "in der Praxis faktisch nicht". Die eigene Studie der Diakonie stellte dagegen fest, diakonische Einrichtungen hätten attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. Das Wort "Dienstgemeinschaft" kommt in dem Dokument kein einziges Mal vor. Thomas Sopp, Geschäftsführer des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland, sagte damals: "Diakonische Träger stehen unter erheblichem finanziellen Druck und leisten mit ihren Mitarbeitenden sehr verantwortliche und gute Arbeit."

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Erheblicher finanzieller Druck – das ist das Stichwort, unter dem die Dienstgemeinschaft derzeit zu leiden hat. Denn wer sich für seine Arbeit nicht angemessen bezahlt fühlt, wer sich eher als Angestellter eines Wirtschafts- denn eines Sozialunternehmens fühlt, sieht den Vorteil der "Dienstgemeinschaft" nicht mehr.

Es ist nicht nur der Arbeitskampf, der die Dienstgemeinschaft beschädigt, wie das das Bundesarbeitsgericht feststellte. Es ist auch die Tatsache, dass Sozialunternehmen – und die Diakonie gehört nun einmal zu den größten – sich mit dem Dienst am Menschen auf dem Markt behaupten sollen. Das ist so, dem kann man sich nur schwer entziehen.

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Aber Kirche hat auf diesem Markt etwas Besonderes zu bieten. Selbst dort, wo nach Tarif bezahlt wird, stünde es der Diakonie besser an, diese Dienstgemeinschaft wieder zu betonen. Wer für die Diakonie arbeitet, sollte auch das Gefühl bekommen, zu dieser Gemeinschaft zu gehören. Dann wäre ein Streik vielleicht gar nicht nötig. Auch wenn er jetzt erlaubt ist.