Foto: epd-bild/Stefan Arend
Jörg Zink beim evangelischen Kirchentag 2009 in Bremen.
"Lebe sichtbar und spürbar"
Der Bestsellerautor und "Wort zum Sonntag"-Sprecher Jörg Zink wird 90
Ein Millionenpublikum kennt ihn noch als "Wort zum Sonntag"-Sprecher. Seine Bücher wurden weltweit über 18 Millionen Mal verkauft. Der württembergische Pfarrer Jörg Zink hat Generationen geprägt. Am heutigen Donnerstag wird er 90 Jahre alt.
22.11.2012
epd
Marcus Mockler

Ein Herzinfarkt, mehrere Hirnschläge, eine neunmonatige Zwangspause vom Schreiben - die vergangenen Jahre waren nicht einfach für Jörg Zink. Der württembergische evangelische Theologe hat hoch produktiv gelebt.

Als Autor von rund 200 Büchern, Bibelarbeiter bei Deutschen Evangelischen Kirchentagen mit Abertausenden überwiegend jungen Zuhörern, "Wort zum Sonntag"-Sprecher und vielseits geschätzter Prediger hat er im Laufe der Jahrzehnte Millionen Menschen erreicht. Für sein Lebenswerk erhielt der große alte Herr mit dem wallend weißen Haar 2004 den Predigtpreis des Verlags der Deutschen Wirtschaft.

Im Krieg: Intensive Lektüre des Neuen Testamentes

Vielleicht war es - wie er selbst einmal andeutete - eine Begegnung im Zweiten Weltkrieg, die Jörg Zink die entscheidende Wende in seinem christlichen Glauben gab. In einem Gefängnis sah er einen zum Tode verurteilten Franzosen, der den Deutschen mit einem freundlichen Lächeln begegnete und mit einem Dankgebet die karge Häftlingsmahlzeit zu sich nahm.

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"Helden hatte ich genug gesehen, aber nicht einen Menschen, der so seinem Todfeind gegenüber stand. So sicher, so freundlich, so klar. So ohne jeden Hass", erinnert sich Zink. Er selbst las in dieser Zeit intensiv im Neuen Testament und rang sich danach durch, in Tübingen Theologie zu studieren.

In den 50er Jahren war Zink Repetent am renommierten Evangelischen Stift in Tübingen, danach schrieb er eine Doktorarbeit mit dem Thema "Der Kompromiss als ethisches Problem". Das Thema sollte den politisch denkenden Protestanten immer wieder verfolgen.

Einsatz für Bibelarbeiten auf dem Kirchentag

Er sprach schon über Umweltschutz und Pazifismus, als von einer Partei der Grünen noch nirgends in Deutschland die Rede war. Zink trat der Ökopartei 1979 bei, als in Baden-Württemberg der erste Landesverband gegründet worden war. Den Kampf gegen Kapitalismus, Rüstung, Menschenrechtsverletzungen und Ausbeutung der Natur sah er bei den Grünen am Glaubwürdigsten beheimatet. Später kam es allerdings auch zu äußerst umstrittenen Aussagen - etwa 2003, als er in einer Fernsehsendung den Mut und die Hingabe islamischer Selbstmordattentäter rühmte.

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Zinks eigene Hingabe galt zuerst der Heiligen Schrift. Das Neue Testament und ausgewählte Abschnitte des Alten Testaments übersetzte er in den 60er Jahren neu ins Deutsche. Die Bibel trug er auch wieder verstärkt in den Deutschen Evangelischen Kirchentag, an dem er 1956 erstmals als Redner teilnahm und wo er sich für eine Etablierung sogenannter Bibelarbeiten einsetzte.

Seine Kirche warnte er immer wieder davor, das Bemühen um Stabilität, Geld und Ämter in den Mittelpunkt ihres Denkens zu stellen. Selbst das Ringen um ein protestantisches Profil findet bei dem evangelischen Pfarrer wenig Gegenliebe. Seiner Ansicht nach ist in einer globalisierten Welt nur ein gemeinsames Profil aller Christen zukunftsfähig - am Besten gepaart mit einem Bündnis aller Religionen für Gerechtigkeit und Menschenrechte.

Ein guter Rat für die letzten Lebensjahre

Trotz seiner Weisheit und Belesenheit - oder vielleicht gerade deshalb - steht Zink eher distanziert zur wissenschaftlichen Theologie. "Ich konnte mir schlechterdings nicht vorstellen, dass die Bauern und Fischer und Hausfrauen von Galiläa den Worten Jesu hätten folgen können, hätte Jesus die Art Theologie von ihnen verlangt, die wir heute unseren Hörern zumuten", schreibt er. Zink schwärmt für einfachere Botschaften, und mit ihnen hat er auch die Massen erreicht.

In seinem jüngsten Buch "Die Stille der Zeit. Gedanken zum Älterwerden" warnt Zink vor einer Passivität im Alter. Senioren sollten für gerechte Anliegen demonstrieren, Briefe schreiben, im Internet veröffentlichen. Sein Rat auch für die letzten Lebensjahre: "Lebe sichtbar und spürbar, lebe öffentlich. Dann wird dein Alter einen guten und soliden, einen wertvollen, produktiven und über den Tag hinaus wirksamen Sinn bekommen." Diesen Rat lebt der von Krankheit geschwächte evangelische Theologe bis heute.