Foto: Daniel Libeskind
Skizze von Daniel Libeskind zur geplanten Akademie.
"Höre die Wahrheit": Jüdisches Museum eröffnet Akademie
Von einer früheren Blumengroßhalle aus will sich das Jüdische Museum Berlin künftig in die deutsche Integrationsdebatte einmischen. Am Samstag wird in dem 6.000 Quadratmeter großen Industriebau die neue Museums-Akademie eröffnet.
17.11.2012
epd
Markus Geiler

Die Akademie sei die "wichtige, neue Arbeitssparte" des Jüdischen Museums, sagt dessen Direktor Michael Blumenthal. Nach zehn Jahren erfolgreicher Arbeit mit rekordverdächtigen rund 700.000 Besuchern jährlich will das größte jüdische Museum Deutschlands seinen Beitrag in der Integrationsdebatte leisten. "Als Bundesmuseum sollten wir uns mit den breiten Fragen beschäftigen", betont Blumenthal.

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Die Frage der Integration und des friedlichen und produktiven Zusammenlebens einer gemischten Bevölkerung sei für Deutschland von "überragender Wichtigkeit", sagt er. Gegenüber Migranten gebe es viele Vorurteile, negative Bilder bestimmten die Diskussion. Zu vermitteln, dass Migranten die Gesellschaft bereichern, sieht Blumenthal als zentrale Aufgabe der neuen Akademie.

Die Kompetenz des Berliner Jüdischen Museums steht für den früheren US-Finanzminister dabei außer Frage. In der jahrhundertealten Geschichte der jüdischen Minderheit in Deutschland spiegelten sich Akzeptanz und Ablehnung. "Juden wollten immer gute Staatsbürger sein, durften es aber oft nicht", sagt der gebürtige Oranienburger, der mit seinen Eltern 1939 vor den Nazis flüchten musste.

Entwurf von Daniel Libeskind

Mit der neuen Bildungsstätte expandiert das vor elf Jahren eröffnete Museum über die Straße. Die vis-à-vis liegende frühere Blumengroßhalle wurde seit Sommer 2011 für 11,8 Millionen Euro nach einem Entwurf von US-Stararchitekt Daniel Libeskind umgebaut. Libeskind, der bereits den spektakulären Zickzack-Museumsbau verantwortete, nahm Winkel und schräge Wände wieder auf und setzte sie in einem "Haus-in Haus-Konzept" zu drei großen Holzwürfeln an der Stirnseite der Halle zusammen.

Von dem mittleren Würfel, dem sogenannten Verteiler, gelangt der Besucher in die Nebenräume, die Bibliothek und Lesesaal sowie einen Veranstaltungsraum mit 200 Plätzen enthalten. Daran schließen sich weitere Räume für Seminare, Archiv und Workshops an, die bis zur Mitte der Halle reichen. Dazwischen wird ein "Garten der Diaspora" zum Verweilen einladen. Der Rest der Halle von rund 3.000 Quadratmetern bleibt vorerst ungenutzt. Neben Bibliothek, Archiv und Seminarräumen werden auch die immer weiter angewachsenen wissenschaftlichen Abteilungen des Museums mit derzeit rund 30 Mitarbeitern dort Platz finden.

Alltag und Wissenschaft

"Die Akademie wird künftig auf zwei Ebenen arbeiten", erläutert Direktor Blumenthal. Die eine, die "Alltagsebene", umfasse die museumspädagogische Arbeit mit Schulklassen. Hier fänden sich unter anderem ein Medienlabor und eine Küche zum Kochen koscherer Speisen. Die andere Ebene sei für Forschung und wissenschaftliche Arbeit zur Integration vorgesehen.

Finanziert wurde das Projekt zu 62 Prozent aus öffentlichen Mitteln. Der Rest waren Spenden des amerikanischen und deutschen Freundeskreises des Museums. Allein der US-Mäzen Eric F. Ross gab zwei Millionen Euro. Der Leitspruch der Akademie stammt von dem mittelalterlichen jüdischen Philosophen Moses Maimonides (1135/38-1204), der die Kultur der Toleranz im arabischen Spanien erlebte: "Höre die Wahrheit, wer sie auch spricht!"