Foto: epd-bild/Malcolm Schuyl/FLPA
Eine Saatkrähe im Gras.
Crowbusting: Kugeln für die Rabenvögel
Deutsche Jäger schießen mittlerweile jedes Jahr Hunderttausende von Krähen, manche verabreden sich im Internet. Naturschützer sprechen von fragwürdigen Gewaltorgien, Jäger verweisen auf eine notwendige Dezimierung des Bestandes.
09.09.2012
epd
Sebastian Stoll

Es ist das immergleiche Fotomotiv, doch es existiert im Internet in tausenden Variationen. Menschen sind darauf zu sehen, einer oder mehrere, die ein Gewehr tragen und Tarnkleidung. Sie deuten auf das Gras zu ihren Füßen - und auf die kleinen schwarzen Hügel, die sie dort schachbrettartig angeordnet haben. Manchmal sind es zehn, teilweise über 100. Schaut man genauer hin, dann erkennt man, dass die kleinen Hügel aus toten Krähen bestehen.

Verabredung im Internet

"Crowbusting", zu Deutsch: Krähen knallen, heißt der Trendsport, zu dem sich Menschen auf Facebook und in Internetforen verabreden, um genau das zu tun - so kritisieren Naturschützer. Der Deutsche Jagdschutzverband hält in bestimmten Fällen die Krähenjagd für sinnvoll. Denn diese gefährdeten andere Tierarten und richteten Schäden in der Landwirtschaft an. Rabenvögel sind geschützt, können aber aufgrund von Ausnahmeregelungen zu bestimmten Zeiten gejagt werden. Krähen schießende Jäger waren früher eine Seltenheit, heute sind sie Mainstream.

"Das Crowbusting ist eine besonders verwerfliche Form der Jagd. Es ist reine Ballerei, die reine Freude am Töten", sagt Helmut Opitz, Vizepräsident im Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Berlin. Als Beleg hierfür führt er die martialische Verkleidung an, in der viele Krähenjäger unterwegs seien - und dass die geschossenen Tiere meistens nicht verwertet, sondern liegen gelassen oder weggeworfen würden. Das jedenfalls gehe aus Einträgen in Jagdforen hervor. "Man kommt an die Leute ja gar nicht heran. Das ist eine abgeschlossene Szene."

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Mehrere hunderttausend Krähen, vielleicht sogar eine Million sind es, die nach einer NABU-Schätzung jedes Jahr in Deutschland geschossen werden. "Biologisch gesehen ist das übrigens wenig sinnvoll", urteilt Opitz, "Krähen gleichen eine Bestandsminderung durch hohe Brutzahlen wieder aus."

Ob Alexander Busch Crowbusting betreibt, ist vermutlich Ansichtssache. "Der Begriff 'Crowbusting' ist aus meiner Sicht respektlos. Er sagt nichts darüber aus, wie ein Mensch sein Handwerk ausübt", sagt er. Busch ist Mitglied in der Landesjägerschaft Niedersachsen und betreibt in Göttingen eine Firma für Jagdartikel. Er ist alleine und im Team oft auf Krähenjagd. Man kann sich im Internet ein Video anschauen, in dem Busch einen sogenannten "Krähenmagneten" aufstellt, auf dem ein Motor mehrere Modellkrähen langsam rotieren lässt. Anschließend schießt Busch mehrere Krähen.

Im Volltarnanzug

Wenn Jäger im Volltarnanzug, maskiert und öffentlich auf Fotos vor toten Krähen posierten und von Krähen-Ping-Pong schrieben, dann sei das öffentlichkeitswirksam im negativen Sinne, rügte der Deutsche Jagdschutzverband schon im Januar. Trotzdem bleibe die Notwendigkeit der Krähenjagd unbestritten: "Es gibt gute Gründe für die Jagd", sagt Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdschutzverbandes. "Aber ich kann mich nicht für ein Foto in Heldenpose hinstellen, das Gewehr in der Hand. Das hat mit Jagd nichts zu tun."

"Wir leben in einer Kulturlandschaft. Damit kommt nicht jede Tierart gut zurecht. Krähen aber schon", urteilt Busch. Der Erfolg der Krähen könne zu Einnahmeausfällen führen, etwa, wenn die Tiere gemeinsam auf einem Feld einfielen. Und Krähen seien selbst erfolgreiche Jäger, sagt Busch. Sie können als räuberische Art Einfluss auf bedrohte Singvogelarten haben, heißt es beim Jagdschutzverband.

Geheimtipp für die Küche?

Helmut Opitz vom NABU sagt dagegen: "Krähen sind für den Rückgang von Niederwild und Singvögeln nicht verantwortlich. Die Gründe dafür liegen alle in der Landwirtschaft." Auch die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft legt Wert darauf, dass sie "in keinerlei Weise" die Bekämpfung oder den Abschuss von Krähen oder anderen Rabenvögeln befürwortet.

Nicht ernst zu nehmen ist für Opitz auch die Sache mit der Krähe als Geheimtipp in der Küche. "In manchen Jagdzeitschriften tauchen ja Rezepte auf, wie man eine Krähe am besten zubereiten kann. Das ist ganz sicher nur vorgeschoben und dient der Rechtfertigung." Krähenfleisch erinnere entfernt an Rind, sei aber etwas kräftiger im Geschmack, man könne Schnitzel daraus machen oder auch Hackfleisch, sagt Alexander Busch. "Und man muss pro Person mit zwei Krähen rechnen. Durch ihre Federn wirken sie viel größer als sie wirklich sind."