Foto: Vicco von Bülow
So sieht ein Pfarrer aus, wenn Loriot ihn zeichnet.
Er ließ den lieben Gott einen lachenden Mann sein
Nachruf
Loriot ist tot. Das Ableben eines der größten deutschen Humoristen der vergangenen Jahrzehnte hat große Betroffenheit ausgelöst. Mit seinem Künstlernamen verwies Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow auf seine adelige Herkunft: Der Pirol, französisch "loriot", ist das Wappentier der von Bülows. Hier ein Nachruf aus der Verwandtschaft: Der Namensvetter des Verstorbenen, Vicco von Bülow, ist Landeskirchenrat in der evangelischen westfälischen Landeskirche.
23.08.2011
Vicco von Bülow

"Sind Sie mit Loriot verwandt?" Diese Frage kennt jeder, der den Nachnamen von Bülow trägt. Und ganz besonders, wenn er – wie ich – mit Loriot nicht nur den Nachnamen von Bülow, sondern auch den Vornamen Vicco teilt. Teilte, muss es nun heißen. Loriot ist gestorben, am Montag im Alter von 87 Jahren. Das ist ein Grund zur Trauer. Zur Trauer um einen (wenn auch nur weitläufigen) Verwandten kommt die Trauer um einen um einen besonderen Humoristen – eben um einen besonderen Menschen.

Die Bülowsche Familie gibt es seit 1229, die letzten gemeinsamen Vorfahren von Loriot und mir haben um 1400 gelebt, was eine Verwandtschaft eher 15. oder 16. Grades ergibt. Aber wir haben uns, wie alle Mitglieder unserer weitläufigen Familie, miteinander verwandt gefühlt. Und auf einigen der alle zwei Jahre stattfindenden Familientage haben wir uns gesehen. Unter den 150 bis 200 Bülows war dann auch er, ein netter, freundlicher älterer Herr, offen und gesprächsbereit, aber völlig unprätentiös und überhaupt nicht eitel.

###mehr-links### Auf einem dieser Familientage hat er mir er als Theologen ein besonderes Geschenk gemacht: ein Knollennasenmännchen mit Beffchen und Heiligenschein. Ein Unikat. Ein ganz besonderes Andenken. Seine Knollennasenmännchen waren und sind unverwechselbar. Seine TV-Sketche sind Klassiker schon zu Lebzeiten gewesen, die beiden Herren in der Badewanne, Weihnachten mit Hoppenstedts oder der Lindegewinner Erwin Lottemann (ach nein, umgekehrt). Seine Filme "Ödipussi" und "Pappa ante portas" haben gezeigt, dass er auch das große Format "konnte". Er beherrschte diese verschiedenen Formate meisterlich. Aber seine eigentliche Stärke war die Beobachtung. Sein scharfer Blick für menschliche Charakterzüge verband sich mit einem milden Tadel für diese Schwächen.

Keine schlechten Kirchenwitze

Wie so viele in Deutschland und auch in der evangelischen Kirche habe ich seine Sketche, Zeichnungen, Filme, Inszenierungen immer mit großem Vergnügen gesehen; viele Formulierungen haben sich auch bei mir in den alltäglichen Sprachgebrauch eingeschlichen. Sein feiner Sinn für die menschlichen Stärken und Schwächen hat vermutlich nicht nur mich dabei immer wieder wie in einen Spiegel schauen lassen. Dass er – anders als so mancher gegenwärtige Comedian – schlechte Witze über Gott und die Kirche unterlassen hat, verstärkt aus meiner Sicht nur das Niveau seines Humors, der nicht nur seiner familiären Herkunft wegen vornehm genannt werden muss.

Und nun ist er gestorben, mit 87 Jahren in einem biblischen Alter. In Psalm 90 heißt es "Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre." In den letzten Jahren hatte er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und ist nicht mehr aktiv als Humorist in Erscheinung getreten.

Vor fünf Jahren wurde er in einem Streiflicht der "Süddeutschen Zeitung" dahingehend zitiert, dass er ab und an mit Frau und Freunden über Friedhöfe marschiere und nach einer geeigneten letzten Ruhestätte Ausschau halte. Solches abschiedliche Leben ist keineswegs makaber, sondern zeigt die fröhliche Gelassenheit, mit der er dem Tod ins Auge blickte. "Ich glaube", hat Loriot damals gesagt, "dass der liebe Gott lachen kann". Auch wenn wir darüber trauern, dass wir nicht mehr mit dem lebenden Loriot lachen können, so können wir uns doch darüber freuen, dass er nun mit dem lebendigen Gott lachen kann.