Das Occupy-Zeltlager auf der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main ist von einer Kette schwarzuniformierter Polizisten umringt, am Gürtel Helm, Schlagstock und Pistole. Die Stadt Frankfurt hat nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts am Montag nicht lange gefackelt: Noch bevor das Gericht der Presse seine Entscheidung mitteilt, beginnt die Polizei am frühen Nachmittag mit der Räumung des Protestlagers.
Das Camp und die damit einhergehende dauerhafte Besetzung der Grünanlage seien durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt, entschied das Gericht (AZ: 5 L 2558/12. F). Damit gab es dem Frankfurter Ordnungsdezernenten Markus Frank Recht, der die "untragbaren hygienischen Zustände" in dem seit zehn Monaten bestehenden Zeltlager zur Begründung für dessen Räumung angeführt hatte. Zudem werde der Versammlungsort großteils von Personen bewohnt, die nicht zur Occupy-Bewegung gehörten, etwa von Obdachlosen und Roma.
Keine Hektik, keine Aggression bei der Räumung
"Die Räumung soll so reibungslos wie möglich verlaufen", sagt der Leiter des Frankfurter Ordnungsamtes, Jörg Bannach, vor Ort. Leider seien die Campbewohner nicht auf das Angebot der Stadt eingegangen, das rechtswidrig errichtete Zeltlager freiwillig zu räumen und dafür symbolisch ein Zelt an der Euro-Skulptur der Grünanlage behalten zu dürfen.
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Polizisten sichten am Montagnachmittag ohne Hast die rund 60 Zelte, stellen die Identität der Bewohner fest, packen Müllsäcke voll. Ein Dolmetscher macht den zumeist älteren und ärmlich gekleideten Roma klar, dass sie packen und gehen müssen. Er gibt ihnen die Adresse des Sozialamts. Die Räumung geht ruhig vonstatten. Polizeibeamte führen die Campbewohner einzeln aus dem abgesperrten Gelände heraus, dabei bleibt alles friedlich.
Eine junge Frau steht auf einer Mauer dicht an der Polizeikette und hält ein Schild hoch mit der gedruckten Aufschrift: "Steht auf, empört euch, könnt ihr jetzt sehen?" Ein junges Paar aus Karlsruhe mit Rucksäcken und Hund ist vergangenen Donnerstag zum Camp gestoßen. "Die Atmosphäre ist so gut, da sind wir geblieben", sagt die junge Frau in einem Sessel sitzend, Haare vorn kurz rasiert, hinten lang. "Alle sind freundlich, wir haben ein Zelt zum Schlafen angeboten bekommen." Gefragt nach den politischen Zielen der Occupy-Bewegung sagt sie: "Es geschieht zu wenig gegen die Banken. Es muss mehr Macht vom Volk ausgehen."
Ein gemeinsames Ziel "nicht erkennbar"
Rund zwei Dutzend Campbewohner bilden einen Kreis, ein Vorredner ruft Parolen, die anderen wiederholen sie. Ein Sprecher der Kapitalismuskritiker kritisiert das Vorgehen der Ordnungsbehörde als "Amtsmissbrauch der handelnden Personen von Stadt und Polizei", weil sie die Frist zu einer Beschwerde gegen die Gerichtsentscheidung nicht abgewartet habe. Gegen den Beschluss des Frankfurter Verwaltungsgerichts kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.
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Das Verwaltungsgericht folgte in seiner Begründung weitgehend der Argumentation des Frankfurter Ordnungsamtes. Für die Ansicht, dass die Besetzung der Grünanlage nicht von dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt sei, spreche bereits der Umstand, dass ein gemeinsames Ziel der im Camp lebenden Bewohner - Aktivisten, Ausländer, Angehörige nationaler Minderheiten, Obdachlose, Drogensüchtige - "ersichtlich nicht erkennbar" sei. Zudem gehe es für die Mehrheit der Bewohner nicht um das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, sondern um die Befriedigung individueller Bedürfnisse wie das Finden einer Schlafstätte oder die Versorgung mit Nahrungsmitteln, argumentierte das Gericht weiter.
Die Stadt Frankfurt hatte den Camp-Bewohnern zunächst eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli gesetzt. Dagegen hatten die Aktivisten Rechtsbeschwerde vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht eingelegt. Occupy kündigte an, jetzt vor den Verwaltungsgerichtshof zu ziehen.