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TV-Tipp des Tages: "Der letzte schöne Tag" (WDR)
TV-Tipp des Tages: "Der letzte schöne Tag", 4. August, 20.15 Uhr im WDR Fernsehen
Es ist eines der letzten Tabus unserer Gesellschaft: Jedes Jahr nehmen sich rund 10.000 Menschen das Leben; die Zahl ist weit mehr als doppelt so groß wie die der Verkehrstoten. Aber das Thema wird gemieden.

Privat spricht niemand gern drüber, weil jede Selbsttötung das Dilemma der Hinterbliebenen verdoppelt, denn sie stellt auch das Leben vor dem Tod in Frage. Zudem schwingt in vielen Beileidsbekundungen eine Frage mit, die sich die Angehörigen auch selbst immer und immer wieder stellen: Tragen sie eine Mitschuld am Suizid? Hätten sie ihn verhindern können oder gar müssen? Und auch öffentlich sind Selbstmorde selten Thema, weil jede Berichterstattung erwiesenermaßen Folgetaten nach sich zieht.

Um so mehr muss der Mut des WDR zu diesem Film bewundert werden. Er erzählt die Geschichte des Lebens nach dem Tode, er beschreibt, wie die Hinterbliebenen auf jeweils ganz unterschiedliche Weise mit diesem Schock umgehen. Warum Anästhesistin Sybille keinen anderen Ausweg sah, als sich zu vergiften, bleibt offen. Sie hatte Depressionen; das muss genügen. Deshalb beginnt der Film mit ihrem Abschied: Kurze Anrufe bei Mann und Kindern sollen garantieren, dass ihr niemand in den Arm fallen kann. Der Gatte wird tags drauf durch eine zeitverzögerte E-Mail über den Fundort informiert. Später zeigt eine Rückblende, wie das Ehepaar im Wald spazieren geht und Sybille ein Platz auffällt, der wie geschaffen für ihren Selbstmord scheint.

Ohnmacht, innere Versteinerung, Wut und grenzenlose Trauer

"Der letzte schöne Tag" ist naturgemäß ein Schauspielerfilm. Jede übertriebene Emotion würde die Erzählung ins Melodram treiben und verkitschen. Davon ist Wotan Wilke Möhring weit entfernt. Er spielt die Fassungslosigkeit, die Ohnmacht, die innere Versteinerung, die Wut und schließlich die grenzenlose Trauer, bei der man gar nicht Zeuge sein will, genau richtig: nie zu viel, nie zu wenig; herausragend. Nicht minder hoch einzuschätzen ist die Leistung der Kinder: Der kleine Sohn Piet (Nick Julius Schuck) lebt noch in einer magischen Welt, in der ihm die Mutter immer wieder begegnet; die halbwüchsige Tochter (Matilda Merkel) macht sich Vorwürfe, hat Angst vor der Zukunft und projiziert ihre Wut auf die hilfsbereite Nachbarin.

Die beiden jungen Darsteller leisten unter der Anleitung von Regisseur Johannes Fabrick Bemerkenswertes. Nicht minder groß war die Herausforderung für Julia Koschitz: Anfangs ist sie bloß akustisch präsent, später, in den kurzen Rückblenden und Piets Erscheinungen, bleibt sie stumm. Umso wichtiger war es, dass die Frau und Mutter Gesicht und Stimme hat; und dass es gerade einer aus vielen Komödien bekannten Schauspielerin gehört, macht die Fallhöhe nur noch größer.

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Über all dem aber steht die Leistung von Dorothee Schön. Die Autorin hat in ihrem Drehbuch Erfahrungen aus ihrem engsten Umfeld verarbeitet. Und glücklicherweise hat ihr kein Redakteur und kein Produzent empfohlen, sich an einer klassischen Dramaturgie zu orientieren: weil der Film keinerlei Zuspitzung bedarf, keiner Suche nach Schuldigen, keiner Sünden aus der Vergangenheit, die nun zum Beispiel den Ehemann in anderem Licht erscheinen lassen.

All das ist vor allem deshalb nicht nötig, weil man dank Fabricks Inszenierung und der großartigen darstellerischen Leistungen von Anfang an Teil dieser unendlich traurigen Geschichte ist, in der das Leben am Ende trotz allem weitergeht.