Kulturkampf in den USA: Es geht um biblische Werte, frittierte Hähnchen und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Auf der einen Seite stehen die Fast-Food-Kette Chick-fil-A, der Evangelist Billy Graham und Ex-Präsidentschaftsbewerber Mike Huckabee. Auf der Gegenseite Aktivisten für Schwulenrechte, die Bürgermeister von Chicago und Boston sowie die Jim Henson Company, Schöpferin der "Muppets".
Der Schlagabtausch ging Mitte Juli in die erste Runde. Chick-fil-A-Eigentümer Dan Cathy, der seine 1.600 Filialen starke Kette "nach biblischen Prinzipien" managt, wie er sagt, äußerte sich in der Baptisten-Zeitschrift "Biblical Recorder" zur Homoehe. Für ihn und seine Firma sei die "biblische Definition der Familie" maßgebend. In einer Rundfunksendung legte Cathy nach: Amerika riskiere göttlichen Zorn, "wenn wir unsere Fäuste himmelwärts heben und sagen: 'Wir wissen besser als Du, was eine Familie ist'".
Keine Überraschung
Überraschend war das eigentlich nicht. Der Herr der Hühnerbrüste und Milchshakes ist bekannt als konservativer Baptist. Seine Filialen bleiben sonntags zu. Das ist selten in den USA, wo der Kunde auch am Tag des Herrn nicht auf Konsum verzichten will.
Chick-fil-A-Eigentümer Dan Cathy. Foto: www.chick-fil-a.com
Doch Cathys Kommentare zur Homoehe verbreiteten sich rapide in den sozialen Netzwerken im Internet. Das liberale Amerika schimpfte über Cathys vermeintliche Schwulenfeindlichkeit. Sie würden nie bei Chick-fil-A essen, schrieben empörte User. Der Bürgermeister von Chicago, Rahm Emanuel, will nun eine geplante Filiale stoppen. Cathys Werte reflektierten nicht die Werte der Menschen in Chicago, erklärte Emanuel.
Der Bürgermeister von Boston, Thomas Menino, sagte im "Boston Herald", auch er wolle den Hähnchenladen nicht in seiner Stadt. Die Jim Henson Company kündigte ihre Kooperation bei der Entwicklung von Chick-Fil-A-Werbegeschenken auf. Man schätze "Diversität und Inklusivität", erklärte die Firma.
Gegen diese Kritik setzen sich die Konservativen zur Wehr. Er werde in Zukunft öfter bei Chick-fil-A einkehren, sagte ein führender Mitarbeiter des Verbandes "Focus on the Family", Glenn Stanton, im Informationsdienst Baptist Press. Ex-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin ließ sich mit einer Chick-fil-A-Tüte fotografieren.
Billy Graham isst Chick-fil-A
Der Talkshow-Moderator und republikanische Präsidentschaftsbewerber aus dem Jahr 2008, Mike Huckabee, erklärte den kommenden Mittwoch zum "Tag der Dankbarkeit" für Chick-fil-A. Die "wunderbare" Cathy-Familie werde beleidigt von einer "giftigen Hasstirade der Linken". Rechtgläubige Menschen sollten am 1. August bei Chick-fil-A essen.
Der weltberühmte Prediger Billy Graham wird mitmachen. Der 93 Jahre alte Evangelist könne aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst zu einer Filiale gehen, aber am Mittwoch werde ihm wohl jemand etwas von Chick-fil-A bringen, sagte Grahams Pressesprecher Larry Ross im Fernsehsender CNN. Graham, der vor mehreren Jahren erklärte, er werde sich in seinen alten Tagen aus der Politik heraushalten, hat Stellung bezogen bei Chick-fil-A: Er sei der Cathy-Familie dankbar für ihre Haltung zur Ehe, sagte Graham. Chick-fil-A sei eine der "besten Firmen in den USA".
Die USA mit Sodom und Gomorrha verglichen
Homoehe und gesellschaftliche Moral beschäftigen den zurückgezogen lebenden Evangelisten offenbar. Im Mai sprach er sich für einen Volksentscheid aus, die Homoehe in seinem Heimatstaat North Carolina zu verbieten. Die Bibel sei doch eindeutig, erklärte Graham. Ehe sei ein Bund von Mann und Frau. Vergangene Woche sorgte Graham mit einem offenen Brief für Aufsehen, in dem er die USA mit den biblischen Orten Sodom und Gomorrha verglich. Die Vereinigten Staaten seien geprägt von "selbstsüchtiger Zügellosigkeit, Stolz und Schamlosigkeit", klagte Graham.
US-Konzerne legen in gesellschaftlichen Konflikten selten Bekenntnisse ab. Chick-fil-A mit einem Jahresumsatz 2011 von 4,1 Milliarden Dollar dürfte die Auseinandersetzung jedoch gut überstehen: Die meisten Filialen liegen im konservativen Süden der USA - dem sogenannten Bibelgürtel.