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Das Internet als Singlebörse
Gleich und Gleich gesellt sich gern - Liebe im Internet
Immer mehr Menschen nutzen das Internet, in der Hoffnung einen Partner zu finden. Mehrere Partnerbörsen haben nun den "Virtual Love Day" ins Leben gerufen, den Tag der virtuellen Liebe – eine Art Valentinstag für Paare, die sich online lieben gelernt haben und die sich und auch andere an diesem Tag ohne Scheu daran erinnern sollen. Unsere Autorin hat einen Selbstversuch gestartet.

Pärchen, die sich über das Internet kennengelernt haben, sollen sich heute am "Virtual Love Day" öffentlich zu ihrer Liebesgeschichte bekennen. Ich bin neugierig und will wissen wie sie funktioniert, die virtuelle Liebeswelt. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Singlebörsen im Internet – weltlich, christlich, hetero, schwul.

"Wie verlieben Dich!" Ein Slogan, der auf mich etwas abschreckend wirkt. Nein danke, verlieben möchte ich mich dann doch lieber allein. Und das elitäre Pendant? Ich mag nicht glauben, dass mein Zukünftiger unbedingt einen Hochschulabschluss haben muss, worauf diese Seite weniger subtil als vielmehr mit dem Vorschlaghammer verweist. Ich entscheide mich also für eine der größten und umsatzstäksten Partnerbörsen, die mit einer Erfolgsquote von 38 Prozent wirbt, deren einfache Mitgliedschaft kostenlos ist und die 80 Prozent seiner Nutzer als seriös einstufen.

Die reale Begegnung kann nichts ersetzen

Doch kann man sich tatsächlich online verlieben? Es geht ja schlicht um mehr, als gemeinsame Interessen. Sind es nicht bekanntermaßen die Pheromone, die mich jemandem näher bringen? Digitales Riechen, wie soll das funktionieren? Biologisch gesehen sind es Gegensätze, also unterschiedliche Immunsysteme, die gut zueinander passen. Das ist vor allem für die Fortpflanzung wichtig. Es sei aber, so der Evolutionspsychologe Prof. Dr. Harald Euler, eben nicht der einzige Aspekt bei der Partnerwahl: "Eine Frau, die auf eine Party geht und besonders viel Parfüm benutzt, verdeckt ihren eigenen Geruch und steigert so automatisch den Kreis an potentiellen Partnern."

###mehr-artikel### Die Anmeldung geht schnell. Benutzername und Passwort ausgesucht und es kann losgehen. 16 Psychologen haben einen, so heißt es auf der Seite, erfolgserprobten wissenschaftlichen Persönlichkeitstest entwickelt. Auf Grundlage dieses Tests werden dann passende Partner vorgeschlagen. Als ob man meine Zweifel ausräumen will, poppt auf der Startseite ein kleines Fenster auf. Eine gewisse Heike, kaufmännische Angestellte aus dem Westfälischen, ist zufrieden. Sie hat sich gleich in den ersten Mann verliebt, der ihr vorgeschlagen wurde. "Ich dachte so etwas gibt es nur im Fernsehen", so Heike, meine neue virtuelle Bekanntschaft.

Sexualberaterin Vanessa del Rae. Foto: www.veronikafaustmann.com

"Die reale Begegnung kann nichts ersetzen", sagt Vanessa del Rae, Sex-Beraterin in Berlin. Dennoch, so del Rae, biete das Internet viele Möglichkeiten der Suche, die es im wirklichen Leben nicht gebe. "Wenn ich weiß was ich will, kann das Internet die Suche sehr erleichtern. Manchmal will ich ja nur einen One-Night-Stand, dafür gibt es bestimmte Seiten. Will ich eine feste Beziehung, kann ich diesen Wunsch ja auch genau artikulieren." Solche Dinge über das Internet vorab zu klären sei in der Anonymität des Netzes oft einfacher.

Für den Persönlichkeitstest nehme ich mir die empfohlenen 15 bis 20 Minuten Zeit, um die rund 80 Fragen zu beackern und bin dabei, ganz nach Anleitung, äußerst spontan. Werden meine Antworten Aufschluss über den Grad meiner Emotionalität geben, wie sehr ich mitfühlen kann und ob ich eher mit dem Kopf oder dem Herzen entscheide? In Multiple-Choice-Manier beantworte ich Fragen nach meiner Einstellung zu Treue, Sexualität und Liebe. Dazu wie ich mich selbst als Person einschätze und wie ich mir meinen Wunschpartner vorstelle.

Sie lügen nicht, sie glauben das wirklich

Was mir an dem Test gefällt, ist die Möglichkeit ehrlich zu antworten. Ich gebe Dinge preis, die ich einem Mann, den ich gerade kennengelernt habe, wahrscheinlich nicht erzählen würde. Es ist mir wichtig wie meine Freunde meinen Partner finden und eventuell finde ich ein Ehebett ja doch besser als die Variante mit getrennten Schlafzimmern, mit der man sich auf Partys als moderner Beziehungstyp brüsten kann. Trinken Sie Alkohol? Rauchen Sie? Treiben Sie Sport? Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Ganz so ehrlich ist es dann aber doch nicht. In der Psychologie gibt es den Begriff der „sozialen Wünschenswertigkeit“. Fragt man Männer, ob sie sich eher als überdurchschnittliche oder unterdurchschnittliche Autofahrer betrachten, wird der überwiegende Teil sich ersterer Gruppe zugehörig fühlen. Evolutionspsychologe Euler sagt: "Sie lügen in diesem Moment nicht, sie glauben das wirklich."

###mehr-links### Trotzdem können Psychotests und das anschließende Matchmaking funktionieren. Je ähnlicher Testergebnisse ausfallen, desto größer ist die Chance, dass vielleicht nicht der Partner fürs Leben aber zumindest ein potentieller Kandidat dabei ist. In der körperlosen Welt des Internet gilt eben die Regel: Gleich und Gleich gesellt sich gern und nicht Gegensätze ziehen sich an.

Eine Stimme die mich wegfegt

Ich habe mittlerweile einige Vorschläge und Anfragen von Singles bekommen. Aber ich traue der Suche nicht. Ich möchte den ersten Augenblick des Sehens, des Hörens erleben. Ich will mich verlieben wegen einer Geste, eines Blicks, eines Lächelns. Ich möchte eine Stimme hören, die mich wegfegt. Miteinander sprechen, sich kennenlernen, Gemeinsamkeiten entdecken, das kann man ja immer noch und wenn es gut läuft, vielleicht ein Leben lang mit derselben Person. Deswegen bin ich mir sicher: Der großen Liebe werde ich im Netz ganz sicher nicht begegnen.