Bernd Brudert
Im Café Einstein Unter den Linden trifft der Journalist K. Rüdiger Durth regelmäßig Menschen aus dem Berliner Politikbetrieb zum Interview. Zum Beginn der Sommerpause den Direktor des Deutschen Bundestages, Harro Semmler.
Der höchste Beamte im Bundestag ist engagierter Christ
Wer die Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages verfolgt, hat ihn schon oft gesehen. Er sitzt hinter Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und verfolgt aufmerksam das Geschehen im Plenum. Der Direktor beim Deutschen Bundestag, Staatssekretär Harro Semmler, ist nicht nur der höchste Beamte des Bundestages. In seiner Freizeit ist der Jurist auch als "Parlamentarier" im Gemeindekirchenrat seiner Gemeinde am Stadtrand von Berlin aktiv. Der Journalist K. Rüdiger Durth hat den Bundestagsdirektor zum Eiskaffee im Cafe Einstein Unter den Linden getroffen.

Wie demokratisch geht es in der Kirche zu? Der Direktor beim Deutschen Bundestag, Staatssekretär Harro Semmler, ist bei dieser Frage ganz Diplomat: Es gebe Kirchen, die stärker von oben geleitet würden, und andere, die basisdemokratischer ausgerichtet seien. Zu letzteren zählt er die rheinische Kirche, in der er vor dem Umzug des Bundestages 1999 von Bonn nach Berlin aktiv war. Ähnlich sieht er die Rolle der Pfarrer in den Gemeinden. "Die Pfarrer sind sehr unterschiedlich. Die einen bestimmen am liebsten alles selbst, die anderen stellen alles zur Abstimmung", sagt Semmler und rührt in seinem Eiskaffee: Am liebsten ist ihm der Mittelweg: "Ich bevorzuge eine faire, aber nicht dominante Führung."

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Für Harro Semmler, der in einem evangelischen Elternhaus groß geworden ist, sind Politik und kirchliches Engagement kein Widerspruch. Bei schwierigen Entscheidungen orientiert er sich an der Frage: "Was kann ich verantworten?" Schon als er noch als Staatsanwalt arbeitete, und später dann im Bundestag – erst beim Wehrbeauftragten, dann in der allgemeinen Verwaltung – will er als Christ erkennbar bleiben.

In all den Jahren seiner beruflichen Karriere hat er sich stets in der Kirche engagiert: In Bonn gehörte er dem Presbyterium seiner Heimatgemeinde Niederkassel an und war Mitglied der Kreissynode und des Kreissynodalvorstandes. Nach dem dienstlichen Umzug nach Berlin kandidierte er für den Gemeindekirchenrat der St. Annen-Kirche in seinem neuen Wohnort Zepernick in Brandenburg. In dem Ort am Stadtrand von Berlin leben rund 12.000 Einwohner, etwa zehn Prozent davon gehören der Kirche an.

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Nachdem Semmler im Rheinland eine Gemeinde mit großen finanziellen Ressourcen kennengelernt hat, ist das in seiner neuen Gemeinde ganz anders: Die ostdeutsche Kirchengemeinde hat wenig Personal und kaum finanziellen Spielraum. Wer in Zepernick zum Gemeindekirchenrat gewählt wird, muss sich vielfältig einbringen – bis hin zum Blumenschmuck im Gottesdienst. Semmler kümmert sich etwa um die Gemeindefinanzen. Zugleich ist er Synodaler im Kreiskirchenrat Eberswalde.

Auch wenn es für Semmler nicht immer leicht ist, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen, will er auf die Arbeit an der kirchlichen Basis nicht verzichten: "Da würde mir unendlich viel fehlen." So ist auch der Gottesdienstbesuch am Sonntag für ihn ein tiefes Anliegen. Bis zu 40 Gemeindemitglieder kommen sonntags zum Gottesdienst von St.-Annen, eine für ostdeutsche Verhältnisse keineswegs geringe Zahl.

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Eine Frage bleibt zum Schluss: Wie sieht es mit der Parteizugehörigkeit aus, wenn man als Beamter im Bundestag Karriere machen möchte? Semmler gehört der FDP an, "aber mein kirchliches Engagement war immer größer als mein parteipolitisches", fügt er hinzu. Im Cafe Einstein Unter den Linden lässt er keinen Zweifel aufkommen: Für die Demokratie ganz oben im Bundestag als höchster Beamter und ganz unten als gewählter Vertreter der  Kirchengemeinde zu arbeiten, ist für ihn eine mehr als glückliche Kombination. "Ich bin Christ und handele danach. Das kann jeder wissen", fasst er zusammen.