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Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in München hat in zwei Studien erstmals das Leben von Trennungskindern in beiden Haushalten der früheren Partner untersucht.
Scheidungskinder - heute hier, morgen dort
Geschätzte 1,5 Million Kinder in Deutschland leben mit geschiedenen Eltern. Studien zeigen: Das Pendeln zwischen Mutter und Vater ist für die Kinder kein Problem, wenn sie bei beiden ihren Platz haben. Und doch fahren die Gefühle oft Achterbahn.
08.07.2012
epd
Ingrid Jennert

Johannes Obermann (Name geändert) will nicht auf seine Tochter verzichten. Er ist seit sechs Jahren geschieden und hat nach eigener Aussage zu seiner Ex-Frau "kein gutes Verhältnis". Die siebenjährige Sabrina verbringt trotzdem die Hälfte der Woche beim Vater, die andere bei der Mutter. Beide werden so ihrer Elternrolle gerecht und können weiter arbeiten. Die Regelung funktioniere reibungslos, sagt Obermann. Er findet, dass Sabrina "den Joker" gezogen habe, weil sie sich von beiden Elternteilen das Beste nehme.

Obermann liegt mit seiner Bewertung gar nicht so falsch. Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in München hat in zwei Studien erstmals das Leben von Trennungskindern in beiden Haushalten der früheren Partner untersucht. Bisher nahmen die Scheidungsforscher meist nur eine Familie in den Blick, das war in der Regel die alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern.

Zwei Zuhause zu haben, schadet Kindern nicht

Die wichtigste neue Erkenntnis der Forscher lautet: Zwei Zuhause zu haben, schadet Kindern nicht: "Unsere Studie zeigt ganz klar, dass Kinder nicht zerrissen sind, wenn sie abwechselnd bei der Mutter und beim Vater leben", sagt Michaela Schier, die Leiterin der Forschungsgruppe. Wichtig sei, dass sie am jeweiligen Aufenthaltsort erwünscht seien und ihren Platz hätten.

Für die Erhebung wurden die Kinder und Jugendlichen selbst gefragt, wie sie mit ihrer "Zwei-Zuhause Situation" umgehen. Eines von vier ermittelten Verhaltensmustern lautete: "Mein Alltag ist der gleiche - bei meinem Vater wie bei meiner Mutter." Das ist auch bei Sabrina so: Da die Eltern nicht weit auseinander wohnen, kann sie ohne Probleme ihre Freundinnen in beide Wohnungen einladen.

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Rund eine Million Scheidungskinder nehmen mindestens einmal im Monat persönlichen Kontakt zum "externen Elternteil" auf, schreiben die Wissenschaftlerinnen. Die Häufigkeit der Treffen nehme zwar mit der geografischen Entfernung der Wohnorte ab, in einigen dieser Fälle würden aber die Kontakte durch E-Mails und Telefonate intensiviert.

Etwa die Hälfte der Ex-Partner lebt weiterhin am gleichen Wohnort. Nur bei zehn Prozent der Minderjährigen ist für ein Treffen mehr als eine Stunde Fahrzeit nötig. Dann passiere es schon mal, dass ein Zwölfjähriger mit Vielfliegerbonus die Strecke von Berlin nach München so gut kenne wie ein Manager, berichtet Anna Proske, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe.

Das Pendeln zwischen zwei Welten stelle an die Kinder große emotionale Anforderungen. Abschied nehmen, Vorfreude oder Aufregung beim Wiedersehen gehören dazu - unabhängig davon, ob sie ihre Zeit je zur Hälfte mit Vater oder Mutter verbringen oder ob sie einen Elternteil nur einmal im Monat sehen, betonen die Autorinnen.

"Bei wem verbringt das Kind seinen Geburtstag oder die Weihnachtsfeiertage?"

Doch auch die Eltern sind etlichen Anforderungen ausgesetzt. Zwar sind es meist die Kinder, die zwischen den beiden Elternhäusern pendeln, aber die Eltern müssen diese Mobilität langfristig planen und koordinieren. Fragen wie "Bei wem verbringt das Kind seinen Geburtstag oder die Weihnachtsfeiertage?" sind dabei von großer Bedeutung.

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Wie die Studie zeigt, ist es jenen Elternteilen, bei denen das Kind weniger Zeit verbringt, wichtig, dass es sich auch bei ihnen zu Hause fühlt. Wenn irgend möglich, bekommt es sein eigenes Zimmer, und der Vater oder die Mutter bemüht sich darum, dass es auch seinen Hobbys nachgehen kann.

Naturgemäß empfinden es die Eltern als schwierig, über die räumliche Entfernung Nähe zum Kind herzustellen und aufrecht zu erhalten. Chat, E-Mail, Brief oder Telefonat könnten das Manko nicht ausgleichen, sagen die betroffenen Väter oder Mütter.

Manchen Ex-Partnern falle das multilokale Leben ihrer Kinder schwer, weil sie miteinander um die Gunst der Kinder konkurrierten, hat Michaela Schier festgestellt. "Sie müssen lernen zu tolerieren, dass ihre Kinder sich an beiden Orten zu Hause fühlen". Die Kinder würden nicht durch ihr Leben an mehreren Orten zerrissen, sondern wenn ihre Eltern an ihnen zerrten.