Muslime in Deutschland
GAFF/laif/Yorck Maecke
Multikulturell: Muslime vor dem Reichstag in Berlin.
"Muslime gehören zu unserem gesellschaftlichen Leben dazu"
"Alle Menschen wollen wir einbeziehen", schreibt Maria Loheide, Geschäftsbereichsleiterin der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, in ihrem Gastbeitrag zum Schwerpunktthema "Islamkonferenz".

###mehr-artikel###Die Frage nach der Integration von Musliminnen und Muslimen in die deutsche Gesellschaft ist untrennbar mit einer anderen verknüpft: "Versteht sich die deutsche Gesellschaft als eine der Vielfalt, zu der Musliminnen und Muslime genauso gehören wie Christinnen und Christen?" Die öffentliche Diskussion über das Thema ist sachlich zu führen, damit sie dem Zusammenhalt der Gesellschaft nicht zuwiderläuft, tatsächlich ist sie aber allzu oft von Ängsten oder Vorurteilen geprägt.

Wer Musliminnen und Muslime oder einen Teil von ihnen beispielsweise als 'Integrationsverweigerer' darstellt – wie vor einem Monat im Zuge der Veröffentlichung der Studie des Bundesinnenministeriums "Lebenswelten junger Muslime in Deutschland" durch die Presse geschehen –, muss sich die Frage stellen lassen, ob er oder sie nicht die Einbeziehung des Islams in die deutsche Gesellschaft ablehnt.

Darstellungen, die Musliminnen und Muslime brandmarkt, sind strikt abzulehnen. Musliminnen und Muslime gehören zu unserem gesellschaftlichen Leben dazu.

Bildung: "Hier ist noch sehr viel zu tun"

"Integration" ist vor allem auch eine sozial- und bildungspolitische Frage. Viele Menschen, darunter ein großer Teil muslimischen Glaubens, die vor fünfzig Jahren als billige Arbeitskräfte auf Zeit angeworben wurden, blieben in Deutschland. Sie verfügen aber immer noch über geringe Einkommen. Ihre Kinder und Enkel wurden viele Jahre von der Bildungspolitik vernachlässigt, gleiche Chancen haben sie auch heute oftmals nicht. Hier ist noch sehr viel zu tun.

Schaut man genau hin, gibt es allerdings große Unterschiede. Menschen, die nach Deutschland gekommen sind und sich einer der vielen muslimischen Glaubensrichtungen zuzählen, kommen aus einer Vielzahl von Ländern und bringen die verschiedensten sozialen und Bildungs-Voraussetzungen mit.

In der Studie des Bundesinnenministeriums "Lebenswelten junger Muslime in Deutschland" wird die Notwendigkeit betont, "gesellschaftliche Initiativen und Maßnahmen zu realisieren, die den Aufbau einer positiven bikulturellen Identität der Muslime erleichtern, um auf diese Weise islamistischen Radikalisierungsprozessen vorzubeugen."

Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe

Dies ist Aufgabe der Gesellschaft insgesamt, aber auch für die Diakonie. Wir brauchen Angebote und Initiativen gerade in der Kinder- und Jugendhilfe, die dieses Ziel verfolgen, in Kindertageseinrichtungen und Familienzentren, an Jugendhilfeangeboten in den Schulen, von Beratungsstellen und in der Jugendarbeit.

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Junge Musliminnen und Muslime, die in Deutschland leben, stellen völlig zu Recht kritische Fragen an die Gesellschaft, in der sie leben. Nicht selten erleben sie eine vorschnelle Verknüpfung des Islams mit dem Terrorismus und eine Pauschalverurteilung als Terroristen - in Deutschland wie in anderen Ländern.

Die Schulen und auch die Kinder- und Jugendhilfe müssen sich rüsten, Antworten auf ihre Fragen und auf die sozialpolitischen Herausforderungen anzubieten und den jungen Menschen ein ernstzunehmendes Gegenüber bei ihrer Identitätsfindung und auf ihrem Weg in die Gesellschaft zu sein. Die Islamkonferenz kann dazu hilfreiche Anregungen geben.

Muslime in der Diakonie - eine Ausnahme

Die multireligiöse Realität unseres Landes wirkt sich auch auf uns als Wohlfahrtsorganisation aus. Als Wohlfahrtsverband hat die Diakonie eine christliche, eine evangelische Identität. Diese werden wir mit unseren Mitarbeitenden pflegen und bewahren.

Dennoch sind wir auch offen für die Beschäftigung von Musliminnen und Muslimen, die in begründeten Ausnahmefällen als Fachkräfte in Einrichtungen der Diakonie beschäftigt sind. Unsere Einrichtungen haben sehr gute Erfahrungen damit und berichten, dass die Diskussion darüber, was ein christliches Selbstverständnis ausmacht, durch ihre Mitarbeit befördert wird.

Bei der multireligiösen Gesellschaft geht es allerdings nicht nur um Musliminnen und Muslime. Unter den Eingewanderten befinden sich Menschen sehr unterschiedlicher religiöser Prägung und verschiedener christlicher Konfessionen.

Die Wahrnehmung und Diskussion ist leider allzu oft sehr verkürzt – warum eigentlich? Alle Menschen wollen wir einbeziehen, und alle benötigen unsere Aufmerksamkeit.