Das Thema "Wirtschaft und Werte" sorgte bei der "Tacheles"-Runde für eine lebhafte Debatte. In so manchem Punkt waren die Gäste der evangelischen Talkshow sehr unterschiedlicher Meinung: Altbischof Wolfgang Huber, Topmanager Utz Claassen, FDP-Generalsekretär Patrick Döring und Attac-Mitbegründerin Jutta Sundermann diskutierten miteinander in der hannoverschen Marktkirche. Doch Einigkeit herrschte beispielsweise darin, dass jeder Mensch vor Gott gleich ist. Deshalb, so Altbischof Huber, gehe es nicht "um Neiddebatten, sondern diesen christlichen Grundsatz, der auch ein Grundsatz unserer Gesellschaft sein sollte."
Dennoch müsste ein Manager auch mal sagen, "das gehört sich nicht", so Huber, wenn man Mitarbeiter in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ermahne, auf Zuwächse zu verzichten und diese dann an der Spitze ausschütte. Topmanager Utz Claassen ist jedoch der Meinung, dass die derzeitige Debatte darauf verkürzt werde, was ein Manager verdiene. "Viel wichtiger und kritischer ist, wie einer mit seiner Verantwortung umgeht", so der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Energiekonzers EnBW.
Unternehmen sollen deutsche Standards exportieren
In ihrer Diskussion blickten die Teilnehmer nicht nur auf das Handeln der Unternehmen im eigenen Land. Auch die Auswirkungen auf Menschen in anderen Ländern sollten Firmen beachten. "Ganz viele der Unternehmen, die sich als besonders prima feiern lassen, richten katastrophale Schäden an", sagte Sundermann – und kritisierte unter anderem die Herstellung von T-Shirts in Bangladesh: "Discounter beuten die Näherinnen brutal aus."
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FDP-Generalsekretär Döring wies jedoch daraufhin, dass die Schulzeit dort mit 14 Jahren ende und es dort keine Ausbildung wie in Deutschland gebe. Deutsche Unternehmer würden 14-Jährigen eine Perspektive geben können. "Diese unterschiedlichen Standards in den Ländern der Welt müssen wir bei unserem Wachstum berücksichtigen und das Beste daraus machen."
Es fehlen verbindliche Vereinbarungen
Eine weitere Schwierigkeit sieht Manager Utz Classen darin, "dass sich in der Globalisierung die Konzernzentralen oft viele tausend Kilometer vom Ort der Wertschöpfung entfernt befindet". Durch diese Entfernung könne es im "Extremfall Probleme" geben. Diese Form der Anonymisierung dürfe nicht zu Missständen führen, so Claassen.
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Seiner Meinung nach biete sich eine Chance auf Veränderung, wenn "im Rahmen der Globalisierung zum Teil deutsche Sozialstandards exportiert" würden. Für Jutta Sundermann reichte dies nicht aus. "Ab und zu wird unter dem Etikett der Unternehmensverantwortung ein bisschen Wohltat geleistet und dokumentiert und fotografiert." Ein großes Problem sei, dass es nie verbindliche Vereinbarungen gebe, was geschehen dürfe und was nicht.
Deshalb ist es für Altbischof Huber wichtig, dass sich die Wirtschaft weiter entwickelt, "um eine gute Zukunft zu erreichen". Seiner Meinung nach schließen sich das Eintreten für die Armen, Förderung des Gemeinwohls und das Benutzen wirtschaftlicher Instrumente nicht aus. "Und das können Reiche wie Arme, aber Reiche können es noch ein bisschen besser."