Herr Hahne, Sie werden jetzt 60, da ist es vielleicht auch Zeit für eine erste Bilanz. Wie fällt die aus?
Peter Hahne: Na ja, Bilanz klingt ein bisschen nach Beerdigung, nach Abschied. Ich bin fit und fröhlich und voller Tatendrang. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin vor allem zufrieden mit dem, was ich bisher erleben und erreichen durfte.
Warum sind Sie nach Ihrem Theologiestudium Journalist und nicht Pfarrer geworden?
Hahne: Weil ich während des Studiums Radioluft bei der Europawelle Saar schnuppern konnte, der Nachrichtenjournalismus mich begeisterte und ich mir sagte, dann mache ich meine größte Schwäche eben zum Beruf: Neugier! Beide Berufe haben allerdings viel gemeinsam, nämlich Haltung und die Überzeugung vom Sinn der Sache. Wichtige Nachrichten weitergeben, dazu müssen Sie recherchieren, verständlich formulieren und ansprechend präsentieren. Nur so können Sie die Menschen interessieren, faszinieren und motivieren. Das ist das Handwerkszeug von Pastor und Moderator.
Würden Sie sich heute wieder so entscheiden – oder hätten Sie keine Lust mehr auf die aufgeregte Fernsehwelt?
Hahne: Klares Ja! Und zwar, weil ich auf ganz wunderbar erfüllte Jahrzehnte zurückblicken kann. Einfach klasse, wem ich begegnen durfte, was ich hautnah erleben konnte. Die Höhen und Tiefen von Politik- und Showstars, wie schnell manche Sternschnuppe im Nichts versinkt. Faszinierende Menschen aus der hintersten Reihe, die mehr geleistet haben als all die Wichtigtuer im Scheinwerferlicht.
"Ich bringe meinen Gesprächspartnern das entgegen, was ich mir selber auch von jedem wünsche: Respekt und Fairness"
Die Welt des Glaubens und die Welt der Medien passt ja nicht so recht zusammen – hier die frohe Botschaft, dort schlechte Neuigkeiten. Haben Sie das immer problemlos unter einen Hut bekommen?
Hahne: Weniger unter den Hut als im Herzen. Da trage ich die frohe Botschaft, meinen Glauben an Jesus Christus als stets erneuerbare Energie.
Ich kann durchhalten, weil ich gehalten bin, um es mit Joachim Gauck zu sagen. Aber mal ehrlich: Die Welt der Nachrichten hat doch nicht nur schlechte Seiten. Das Wichtigste ist doch: aufklären, Hintergründe beleuchten, Orientierung geben in der Informationsflut.
###mehr-artikel###Ihnen wurde oft vorgeworfen, Ihre Talkgäste – ob bei "Berlin direkt" oder "Peter Hahne" – mit Samthandschuhen anzufassen. Ärgert Sie der Vorwurf, ein Kuscheltalker zu sein?
Hahne: Nööö, überhaupt nicht! Kuscheltalker ist ein Kompliment für mich, kein Schimpfwort. Hat doch was von Vertrauen und dem Wohlgefühl: "Dem nehme ich das ab, was er tut." Nein, ich bringe meinen Gesprächspartnern das entgegen, was ich mir selber auch von jedem wünsche: Respekt und Fairness, zuhören und ausreden lassen, nicht vorführen und niedermachen. Auf den "heißen Stuhl" können sich gerne andere setzen. Ich bin kein Miesepeter. Zum Schluss entscheiden ohnehin die Zuschauer, ob man mit seinen Argumenten punkten kann, nicht die Profis der Medienkritik.
Aber muss man gerade Politiker denn nicht etwas härter rannehmen, als Sie das tun?
Hahne: Ich behandle jeden Menschen gleich, den ich zu mir einlade: fair und offen. Und diese Offenheit schließt ein, auch mal sehr fair und freundlich auf seine Defizite hinzuweisen. Dass ein Günter Schabowski, der wahre Maueröffner vom 9. November 1989, 2010 in meiner Talksendung unter Tränen bekannte: "Ich schäme mich für alles, was ich den Menschen in der DDR angetan habe", das hätte er niemals in einem knallharten Investigativ-Verhör gesagt. Nein, diese ewige Fünf-vor-Zwölf-Attitüde mit dem Tremolo stirnrunzelnder Betroffenheit überlasse ich gerne anderen.
"Meine Freunde sind im wahren Leben, seltener im Berliner Biotop"
Sie sind seit vielen Jahren ganz nah am Politbetrieb der Hauptstadt dran. Haben sich da Freundschaften zu Politikern entwickelt?
Hahne: Genauso wenig wie mit den Vertretern unserer Zunft! Richtige Freundschaften sind da eher selten, weil immer mitschwingt, dass einer etwas vom anderen will. Meine Freunde sind im wahren Leben, seltener im Berliner Biotop. Aber klar, es gibt Menschen, die bei mir Eindruck und Spuren hinterlassen haben. Meist dann, wenn sie vor der Kamera genauso sind wie dahinter. Leutselige Kumpelhaftigkeit als Staatsschauspiel, dieses Theater ist nicht meine Bühne. Ich duze kaum jemanden in Berlin.
Und wie ist es mit Feindschaften, oder zumindest Animositäten?
Hahne: Man muss nüchtern die Motivation mancher Animosität erkennen. Neid muss man sich bekanntlich hart erarbeiten. In den vier Jahrzehnten meines Berufslebens habe ich eines erkannt: Ruhm und Erfolg sind genauso vergänglich wie Freund- und Feindschaften. Enttäuscht bin ich von Opportunisten und Wendehälsen und Leuten, die ihre Posten Parteien und Personen verdanken, die sie hinterher nicht mehr kennen wollen. Sie glauben nicht, wie viele es davon sogar in unserem Gewerbe gibt. Doch was Enttäuschungen angeht, so habe ich eine Eigenschaft, für die ich ganz und gar dankbar bin: Ich vergesse schnell.
Mit 60 Jahren hat man den Ruhestand schon fest im Blick, oder?
Hahne: Fest im Blick habe ich nur eines: Jeden Tag, der mir durch Gottes große Güte geschenkt wird, gesund, munter und fröhlich zu erleben.
Und wer einen klaren Blick für die leeren Rentenkassen hat, der will doch wohl nicht allen Ernstes allzu früh die Sozialsysteme belasten, oder?
(lacht)
Und wie lange wollen Sie Ihre Talkshow "Peter Hahne" noch machen?
Hahne: "Peter Hahne" trägt so lange den Namen von Peter Hahne, wie die Zuschauer Peter Hahne noch sehen wollen. Da sonntags mittags bis zu 1,4 Millionen einschalten statt mit einem Mittagsschläfchen abzuschalten, dürfte das wohl noch etwas dauern. Meine Glückszahl ist ja die 13. Alle Berufsabschnitte dauerten bisher 13 Jahre: Radio in Saarbrücken, "heute" in Mainz, ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin... Ich hoffe, dass mein Intendant Thomas Bellut jetzt nicht erschrickt.