Foto: dpa/Khaled Elfiqi
Bischof Tawadros wird neuer Papst der koptischen Christen.
Bischof Tawadros wird neuer Papst der Kopten
Ungewöhnliche Papst-Wahl in Ägypten: Die koptisch-orthodoxen Christen bestimmen ihr neues Oberhaupt traditionell per Los. Das fiel auf einen 60-Jährigen, der sehr beliebt ist - vor allem bei der Jugend.
04.11.2012
epd
Julia Gerlach

Als sein Name verkündet wird, bricht in der großen Kathedrale in Alexandria Jubel los: Bischof Tawadros ist der neue Papst der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten. Tausende geladener Gäste hatten die sogenannte Altar-Lotterie zur Wahl des Kirchenoberhaupts am Sonntag gespannt verfolgt. Vor ihren Augen zog ein Junge mit verbundenen Augen einen Loszettel, der Tawadros zum der 118. Papst der Christen am Nil macht. Der 60-Jährige ist Nachfolger des im März verstorbenen Papst Shenouda III. Am 18. November soll er in sein Amt eingeführt werden.

Die koptische Kirche zählt zu den ältesten Kirchen der Welt. Weltweit wird die Zahl ihrer Mitglieder auf rund 15 Millionen geschätzt. In Ägypten, dem Stammland der Kopten, sind rund zehn Prozent der 83 Millionen Einwohner Kopten.

Das staatliche ägyptische Fernsehen berichtete am Sonntag Live von dem Ereignis der "Altar-Lotterie". Nach koptischem Verständnis liegt die letzte Entscheidung darüber, wer die Kirchen anführt, in der Hand Gottes. Das ist der Grund für das traditionelle Losverfahren.

Der neue Papst leitete früher eine Chemiefabrik

In der durchsichtigen Urne in der Kathedrale von Abassiya lagen drei Lose. Sie trugen die Namen der Kandidaten, die bei der Wahl durch die Wahlversammlung einige Tage zuvor die meisten Stimmen bekommen hatten: Außer Tawadros waren dies sein Bischofkollege Raphael (58) und der Mönch Raphael (70). Der in das weiße Gewand der Messdiener gekleidete Junge wählte einen der Zettel aus und überreichte ihn dem amtierenden Papst Pachomios, der den Namen bekanntgab.

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Tawadros ist Bischof von Bahaira, einer Provinz mit vielen armen Bauern im Norden Ägyptens. Vor seinem Eintritt ins Klosterleben studierte er Pharmazie und leitete eine Chemiefabrik in der Nähe von Alexandria. 1988 trat Tawadros ins Kloster ein. 1997 wurde er zum Bischof geweiht. Er ist Mitglied der heiligen Synode und gilt als enger Vertrauter des amtierenden Papstes Pachomios. 

Viele Christen hatten gehofft, dass die Wahl auf Tawadros fallen würde. Er ist besonders bei der Jugend beliebt, weil er sich seit Jahren in der Jugendarbeit engagiert und dabei stets auf die Öffnung zur ägyptischen Gesellschaft setzt. Tawadros gilt als einer, der zuhören kann und auf die Belange der Gemeinde eingeht. Die christliche Wochenzeitung "Watany" gab ihm daher den Beinamen: "Der Diener".

Auf ihn warten nun viele Herausforderungen: Unter der Regierung Mubarak galt die Kopten-Kirche auch als eine Art politische Vertretung der Christen. Heute soll der Papst nach Ansicht vieler, vor allem junger Christen das geistige Oberhaupt der Kopten sein, jedoch die Politik den politischen Parteien überlassen. Angesichts der zunehmenden Angriffe auf Christen am Nil erwarten die meisten ägyptischen Christen zugleich aber auch einen Papst, der die Gemeinschaft zusammenhält und sie schützen kann.

"Er muss den Dialog mit den Muslimen und der Regierung führen"

Nach Einschätzung des deutschen Koptenbischofs Anba Damian verbinden Christen in Ägypten mit dem neuen Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche große Hoffnungen. Bischof Tawadros sei aufgeschlossen und weltoffen, sagte Damian am Sonntag in Kairo telefonisch dem Evangelischen Pressedienst. Der 60-Jährige schätze die Ökumene und habe bereits langjährige Auslandserfahrung.

In der heutigen Zeit sei es keine leichte Aufgabe, koptischer Papst in Ägypten zu sein, sagte Damian. Vor Tawadros lägen großen Herausforderungen. "Er muss den Dialog mit den Muslimen und der Regierung führen", sagte der Generalbischof der koptischen Kirche in Deutschland. Außerdem müsse er sich für die Einhaltung der Menschenrechte sowie für die Interessen der koptischen Christen einsetzen.

Nötig sei zudem, die Identität der Kirche zu stärken und die koptischen Christen im Ausland sowie im ägyptischen Stammland stärker zusammenzubringen, sagte der deutsche Generalbischof, der seinen Amtssitz in Höxter in Westfalen hat. Viele christliche Gläubige litten unter der Verfolgung, viele seien traumatisiert. In der Vergangenheit kam es in Ägypten immer wieder zu gewalttätigen Konflikten zwischen Kopten und Muslimen.