Mit welchen Schlagzeilen die "Bild" Furore machte
Vor 60 Jahren erschien zum ersten Mal die "Bild"-Zeitung: am 24. Juni 1952. Aus diesem Anlass verteilt der Axel-Springer-Verlag - genau wie damals - die Geburtstags-Ausgabe kostenlos. Diese Aktion ist umstritten. Denn nicht jeder will ein Gratis-Exemplar der Zeitung bekommen. Und das, obwohl die "Bild" eines der meistgelesenen Boulevardblätter Europas ist. Fast genauso lange aber steht ihre Berichterstattung in der Kritik. In den vergangenen sechs Jahrzehnten sorgten so manche Schlagzeile und mancher Artikel für Unmut.

Rund um die Berichterstattung zur Causa Christian Wulff vor wenigen Monaten machte es den Eindruck, als wenn die "Bild"-Zeitung nun den klassischen Medien Konkurrenz in der investigativen Nachrichtenberichterstattung machen würde.

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Denn Tageszeitungen, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung (SZ) und Nachrichtenmagazine wie der Spiegel beriefen sich in ihren Artikeln auf die Quelle "Bild". Doch dieser Eindruck währte nicht lange. Schon bei der Verleihung des Henri-Nannen-Preises zeigte sich, dass es nach wie vor in der Welt des Journalismus keine Annäherung zwischen dem Boulevardblatt und anderen Zeitungen gegeben hatte. Die "Bild" wurde von der Jury in der Kategorie "Beste investigative Leistung" prämiert. Für Hans Leyendecker von der SZ und zwei seiner Kollegen war das Anlass, ihre Auszeichnung abzulehnen.

Kritische Stimmen waren zeitweise weniger laut

Dabei hatten sich die Wogen der Kritik in den vergangenen Jahren sehr geglättet. Bekannte Gesichter ließen sich für die "Bild" ablichten, wurden zum Werbegesicht des Blattes. So wurde Alice Schwarzer kurzzeitig zum Redaktionsmitglied und schrieb über den Prozess von Wetterfrosch Jörg Kachelmann für die Zeitung.

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Es gab trotzdem weiterhin diejenigen, die nicht mitmachten, wie Judith Holofernes von der Musikband "Wir sind Helden". Sie machte ihre Ablehnung für die "Bild"-Werbekampagne öffentlich und erteilte damit dem Blatt eine der wohl bekanntesten Absagen. Auch der Prozess von Schauspieler Ottfried Fischer gegen einen "Bild"-Journalisten und  die Geschichte der Grünen-Chefin Claudia Roth zeigen, dass die "Bild" nicht immer so mächtig ist, wie mancher denkt. Denn Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) steht nicht allein mit seiner Meinung da, wenn er von ihrer Macht spricht: "Auch wenn oder gerade weil die "Bild"-Zeitung provoziert und polarisiert: Im Politikbetrieb gibt es nur wenige, denen gleichgültig ist , was sie schreibt."

Wie stark so manches Politikerleben mit dem Boulevardblatt verknüpft ist und welche Auswirkungen diese Verbindung oder auch der Bruch mit der Zeitung haben kann, zeigt deutlich die Studie "Bild und Wulff – ziemlich beste Freunde" der Otto Brenner Stiftung von Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz. Sie haben sich die Berichterstattung um den Aufstieg und den Fall des ehemaligen Bundespräsidenten angeschaut und vor wenigen Wochen veröffentlicht. Die beiden Autoren schreiben: "Wer 'Bild' im Fall Wulff für guten Journalismus lobt, muss auch Stalker für ihre Treue, Schwarzfahrer für umweltfreundliches Verhalten und Schmuggler für das Überwinden der Grenzen auszeichnen."

Kampagne gegen Geburtstaggeschenk

Ob Freund oder Feind, zum Geburtstag bekommen zahlreiche Deutsche die "Bild"-Zeitung geschenkt. Der Axel-Springer-Verlag will zum runden Geburtstag kostenlos mehrere Millionen Exemplare verteilen lassen. Allerdings lehnen dieses Geschenk mittlerweile Tausende Menschen in Deutschland ab. Sie beteiligen sich an der Kampagne "Alle gegen Bild" und haben dem Springer-Verlag eine Zusendung untersagt. Für Kampagnenaktivist Sebastian Schulz sei die "Bild"-Zeitung noch gefährlicher als bisher, weil sie heute harmlos und mit dem Anspruch auftrete, erwachsen geworden zu sein. "Denn damit wird ihre Berichterstattung weniger stark hinterfragt." Dabei wird das Boulevardblatt am häufigsten unter den deutschen Medien vom Deutschen Presserat gerügt. Für Chefredakteur Kai Diekmann bedingen sich die Zahl der Leser und die der Beschwerden.

Zeitgleich befindet sich das Blatt im Sinkflug. Vom einstigen Erfolg von mehr als 5 Millionen gedruckten Exemplaren sind nur etwa 2,7 Millionen geblieben. Dabei gibt es die "Bild"-Zeitung heute nicht mehr nur am Kiosk. Auch im Internet, im Abo und als App wird das Blatt angeboten. Damit versuchen die Macher, neue Wege zu gehen und in den schnelllebigen digitalen Zeiten mitzuhalten. Denn nicht nur Boulevard-Nachrichten im Internet machen der "Bild"das Leben schwer, auch die veränderte Online-Berichterstattung der klassischen Medien. Sie nehmen sich ebenfalls leichterer Themen an, um User auf ihre Seiten zu locken. Damit steht das Blatt zum runden Geburtstag nicht nur vor der branchenbedingten Herausforderung, mit schwindenden Leserzahlen zu recht zu kommen, sondern auch noch vor der Aufgabe, den ureigensten Berichtsbereich verteidigen zu müssen. Ungewiss bleibt, wie die BILD damit künftig umgehen wird.