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"Verdammt wichtig, wer dort regiert...": Claus Kleber berichtet aus Washington über die Wahl des US-Präsidenten.
Claus Kleber: "Es kommt auf den Charakter an"
Barack Obama oder Mitt Romney: Wenn in den USA am 6.11. der nächste Präsident gewählt wird, berichtet das deutsche Fernsehen mit vielen Sondersendungen über das Ereignis – die Wahlnacht wird zur Quotenschlacht mit prominenter Beteiligung. Fürs ZDF ist Publikumsliebling Claus Kleber in Washington: Der Nachrichtenmoderator präsentiert am 6. und 7.11. drei Ausgaben des "heute-journals" live aus der Hauptstadt der Vereinigten Staaten, zudem meldet sich der 57-Jährige in der Wahlsendung "Die Nacht der Entscheidung" (6.11., 23.50 Uhr, ZDF) mit mehreren Stimmungsberichten aus Washington.

Herr Kleber, Sie berichten fürs ZDF live aus Washington von der Wahl des nächsten US-Präsidenten. Ist dieses Duell mitreißender als eine Bundestagswahl hierzulande?

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Claus Kleber: Wir in Deutschland wissen doch dank der präzisen Hochrechnungen schon um 18 Uhr ziemlich genau, wie der Hase gelaufen ist – danach geht es gleich um politisches Klein-Klein und die Frage, wer koaliert mit wem. Das Rennen in Amerika kann sich dagegen über Stunden hinziehen und es ist bis zum Schluss Nahkampf Mann gegen Mann – Mann gegen Frau kommt 2016. Deshalb ist die US-Wahlnacht spannender.

Für Sie selber wird das Ganze ein Marathoneinsatz...

Kleber: Ja, mein Chefredakteur kann es nicht ertragen, dass ich zwischen den drei "heute-journal"-Ausgaben, die wir an zwei Tagen aus Washington senden, auch noch eine freie Nacht habe (lacht). Ich werde mit einer mobilen Ausrüstung als Videojournalist kleine Geschichten aus Washington erzählen, und ich werde nebenbei twittern, was mir so durch den Kopf geht. Da freue ich mich schon drauf, denn ich habe in dieser Nacht bestimmt ein großes Mitteilungsbedürfnis.

Wissen Sie schon, wie Sie sich für diesen Dauereinsatz fit halten? Haben Sie eine Isolierkanne voller Espresso im Gepäck?

Kleber: Ich kann Ihnen aus langer Erfahrung sagen: In dieser Nacht brauchen Sie kein Aufputschmittel, das Adrenalin übernimmt das.

"Ich habe gute Kontakte zu amerikanischen Zeitungs- und Fernsehjournalisten, auf deren Urteil ich viel gebe"

Über wie viele US-Wahlen haben Sie denn schon berichtet?

Kleber: Lassen Sie mich mal rechnen. Die erste war 1984 – also ist es tatsächlich schon die achte.

Sie waren viele Jahre als Korrespondent in den USA. Können Sie noch auf alte Kontakte zurückgreifen?

Kleber: In der Tat. Ich habe gute Kontakte zu amerikanischen Zeitungs- und Fernsehjournalisten, auf deren Urteil ich viel gebe, und es gibt auch durchaus Beziehungen sowohl zu Demokraten als auch zu Republikanern, die mir am Telefon oder in einer schnellen Mail eine rasche Einschätzung geben. Und Gott sei Dank habe ich noch eine Menge Freunde, bei denen ich jederzeit klingeln kann, auch nachts, und sagen: "Hast du noch einen Drink für mich?"

"Im Wahlkampf gilt die Regel: Vergesst die Ausländer, denn die Ausländer wählen nicht"

Welche Sicherheitskontrollen werden Sie als Journalist in Washington über sich ergehen lassen müssen?

Kleber: Es gibt keine Leibesvisitation, die Sicherheitsstufe ist die für Washington übliche. Wir dürfen mit unseren Kameras sogar sehr nah ans Weiße Haus ran, wir sind auf dem Dach eines Hauses gegenüber und haben freien Blick auf die Fenster des Präsidenten.

Mal Hand aufs Herz: Nehmen die Amerikaner ausländische Berichterstatter bei diesem Anlass überhaupt ernst?

Kleber: Man kommt schon ran an das jeweilige Lager, aber nicht an die Topleute. Im Wahlkampf gilt die Regel: Vergesst die Ausländer, denn die Ausländer wählen nicht. Das hat mir mal der Sprecher von Al Gore gesagt, als ich bei der Wahl 2000 ein Interview mit Gore wollte. Das Zeitbudget des Kandidaten ist beschränkt, und jede Minute, die da in die ausländische Presse geht, ist vergeudet oder sogar gefährlich. Denn wenn der Kandidat im Gespräch beispielsweise mit dem ZDF alles richtig macht, wird das in Amerika niemand mitkriegen. Wenn er aber aus Versehen was Falsches sagt oder so ähnlich wie Mitt Romney in London ein paar dumme Bemerkungen macht, dann wird das in Amerika sofort registriert.

"Wie die Welt sich dreht, wie Krieg und Frieden sich entwickeln, wird immer noch zum großen Teil in Washington entschieden"

Das ZDF berichtet ausführlich über die Wahlnacht. Ist es der bislang aufwendigste Einsatz des Senders bei US-Wahlen?

Kleber: Diesen Superlativ würde ich nicht unterschreiben, wir waren auch voriges Mal mit einem vergleichbar großen Aufwand dabei. Damals waren wir mit unserer großen Eventnacht live aus Berlin noch allein auf weiter Flur. Diesmal haben unsere Freunde von der ARD unser Konzept übernommen, was ja immer die ehrlichste Form des Kompliments ist.

In der ausgiebigen Berichterstattung spiegelt sich das enorme Interesse der Deutschen an der US-Wahl wider...

Kleber: Die Präsidentschaftswahl in Amerika wird mit viel größerer Spannung beobachtet als Wahlen etwa in Frankreich oder Polen, fast wie Wahlen bei uns. Das ist berechtigt, weil wir Deutschen auf einen Schulterschluss mit einem starken Verbündeten angewiesen sind – und der Partner, auf den wir schauen müssen, sind die USA. Wie die Welt sich dreht, wie Krieg und Frieden sich entwickeln, wird immer noch zum großen Teil in Washington entschieden. Deshalb ist es für uns verdammt wichtig, wer dort regiert.

"Am Ende kommt es auf den Charakter des Mannes an und wie er zu den Ereignissen der kommenden Jahre passen wird"

Wäre es Ihrer Ansicht nach besser für Deutschland und den Rest der Welt, wenn es Obama noch einmal packt?

Kleber: Es ist schwer, aus deutscher Sicht und aus dem Blickwinkel des Herbstes 2012 zu schließen, wer in den nächsten vier Jahren besser ist. Wir haben immer wieder gesehen, dass die Präsidenten mit Herausforderungen konfrontiert sind, die im Moment der Wahl keiner geahnt hätte.

Zum Beispiel nach den Terroranschlägen von 2001...

Kleber: Wäre bekannt gewesen, dass am 11. September, nach neun Monaten Regierungszeit, George W. Bush mit einer Weltkrise von existenzieller Bedeutung konfrontiert werden würde, wäre fast sicher Al Gore Präsident geworden, weil man diesem Gouverneur von Texas die nötige internationale Erfahrung nicht zugetraut hätte. Obama konnte zwar so ungefähr die Herausforderungen absehen, die auf ihn zukamen, aber Dinge wie den arabischen Frühling hatte auch niemand auf der Agenda. Am Ende kommt es auf den Charakter des Mannes an und wie er zu den Ereignissen der kommenden Jahre passen wird. Und da zu sagen, ob der eine der bessere ist oder der andere – das traue ich mir nicht zu. Wir haben uns zu oft geirrt.