Die einen protestieren, die anderen krempeln die Ärmel hoch. Jetzt erst recht. Als die Konferenz endet, weicht die Enttäuschung neuem Elan. "Ich bin auch ein Vater und ein Großvater", sagt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf dem UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro. "Und wie Sie will ich eine Welt, in der unsere Kinder gedeihen und glücklich sein können." Also verspricht Ban vollen Einsatz, damit die Staatengemeinschaft bald verbindliche Ziele für eine bessere Welt vereinbart.
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Der Gipfel mit rund 190 Teilnehmerstaaten, der das Umsteuern auf ökologisches und soziales Wirtschaften einleiten sollte, brachte nur magere Ergebnisse. Aber in der Schlusserklärung, die am Freitagabend formell verabschiedet werden sollte, verständigen sich die Staaten darauf, "Nachhaltigkeitsziele" als Maß für ökologische und soziale Fortschritte zu entwickeln.
Industrieländer: Keine Zusagen für Klimahilfen
Das wird nicht nur für die Entwicklungs- und Schwellenländer geschehen, sondern auch für die Industrienationen, wie Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betont. Was abstrakt klingt, wird als ökologisch-sozialer Fußabdruck dem Lebens- und Konsumstil in den wohlhabenden Nationen einen Spiegel vorhalten. Der Ressourcenverbrauch pro Kopf ist immer noch sehr viel höher als in Entwicklungs- und Schwellenländern. Kontroversen sind absehbar.
Es war auch ein Konflikt zwischen Norden und Süden, der den Rio-Gipfel gelähmt hat. Denn die Entwicklungs- und Schwellenländer wollten nicht mitziehen bei "Green Economy", wie sich die EU das erhoffte. Das scheint Big Business in neuem Gewand, bei dem sich vor allem Brasilien, China und Indien als Verlierer sehen, weil sie Handelsbarrieren fürchten. Und die am wenigsten entwickelten afrikanischen Staaten wagten nicht, aus der Gruppe der Entwicklungsländer auszuscheren. Zu schwach schien der Beitrag zur Bekämpfung der Armut. Wieder einmal ging es auch um Geld, blieben doch die Industrieländer in der Vergangenheit vielfach Zusagen für Klimahilfen schuldig.
Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff kritisierte das Nein der Industrieländer, einen Fonds mit jährlich 30 Milliarden Dollar für Technologietransfer zu schaffen: "Die Verlagerung schmutziger Industrien vom Norden in den Süden der Welt schafft eine schwere sozio-ökonomische Last für die Entwicklungsländer."
"Nachhaltige Entwicklung bedeutet überleben"
Die Rio-Konferenz zeigte - wie zuvor der G-20-Gipfel in Mexiko - die veränderte globale Machtkonstellation in der Welt. "Brasilien und China nehmen das Heft des Handelns in die Hand", analysiert die Deutsche-Bank-Direktorin Marlehn Thieme, die als Vorsitzende des Deutschen Nachhaltigkeitsrats zur deutschen Delegation gehörte. "Europa hält nicht mit, weil man erst zu spät zu einer ambitionierten Verhandlungslinie gefunden hat", fügt Thieme hinzu, die auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland ist.
Wie Gastgeber Brasilien das Schlussdokument durchdrückte, bevor die Staats- und Regierungschefs anreisten, erntete viel Kritik, aber auch Respekt. Die USA wurden im Wahljahr wieder besonders ihrer Rolle als Bremser in der internationalen Umweltpolitik gerecht, fanden sich bei ihrem Nein zu mehr Meeresschutz sogar in seltener Einigkeit mit der sozialistischen Ölmacht Venezuela. China wollte sich als verantwortungsvollen Global Player präsentieren und kündigte Beiträge zu einem UN-Technologiefonds, aber auch ein eigenes Programm für kleine Inselstaaten an.
Aber es sind nicht nur die großen Länder, die zählen. Das Glückslabor liegt auf dem Dach der Welt. "In den Falten des hohen Himalaya gelegen, gehört mein Land Bhutan zu den gefährdetsten Ökosystemen", sagt Premier Jigmi Y. Thinley. Die Schneedecke der Berge schmelze, Quellen versiegten, und Ernten fielen aus. Dort wird das Bruttosozialglück erprobt, das neben der Wirtschaftsleistung auch Chancengleichheit, menschliche Werte und Rechtsstaatlichkeit einschließt.
Internationales Interesse ist Bhutan gewiss. Eine nachhaltige Zukunft muss Wohlergehen anders als allein durch materielle Werte definieren, denn die Erde ist endlich. Nicht nur in Bhutan, auch im flutgeplagten Bangladesch oder im Wüstenstaat Niger geht es schon um die Existenz, wenn der Klimawandel nicht gestoppt und die Umwelt nicht bewahrt wird. "Nachhaltige Entwicklung bedeutet Überleben", sagt Premier Thinley.