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Auch eine Scheidung braucht Rituale
Ein Lebensabschnitt ist vorbei, ein neuer beginnt. Eine Reise, eine Scheidungsparty können helfen, wieder nach vorne zu schauen. Einige Kirchengemeinden bieten auch Gottesdienste für Getrennte an.
21.06.2012
epd
Barbara Driessen

Was feierlich mit weißem Hochzeitskleid, Brautstrauß und dem zeremoniellem Ja-Wort beginnt, währt nicht immer ewig: Etwa 39 Prozent aller deutschen Ehen werden geschieden. Bei modernen Scheidungen reicht die Bandbreite von der Online-Scheidung im Internet über Scheidungspartys bis hin zu kirchlichen Ritualen für Geschiedene und getrennt Lebende.

"Das Thema Scheidung hat sich in den letzten Jahren enttabuisiert", sagt der Düsseldorfer Scheidungsanwalt Christopher Pruefer. Vor zehn Jahren sei noch ganz anders damit umgegangen worden. "Da war das noch ein absolutes Tabuthema, die Betroffenen verharrten in der Schockstarre. Höchstens die allerbesten Freunde wurden informiert". Heute sei die allgemeine Haltung eher: "Klar, das ist eine Krise, aber aus der kann man gestärkt hervorgehen."

Für Online-Scheidung sollte man sich einig sein

Wer es kurz und schmerzlos will, ist bei Pruefer richtig. Er ist Vorstandsvorsitzender des Internetportals www.scheidung.de, auf dem Scheidungswillige ihren Scheidungsantrag online ausfüllen können. Nur ein einziges Mal müssen sich die Eheleute noch gegenübertreten: beim Gerichtstermin vor dem Richter. Allerdings ist die Online-Methode nur etwas für Paare, die sich einig sind. "Für den Rosenkrieg sollte man sich einen individuellen Anwalt suchen", gibt Pruefer zu.

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Familienrechtsexperten stehen dem Online-Angebot sehr kritisch gegenüber und raten generell zu einem persönlichen Gespräch mit einem Anwalt. Moralische Vorbehalte formuliert auch die katholische Bundeskonferenz für Ehe-, Familien- und Lebensberatung: Portale für Online-Scheidungen appellierten an die niedersten Instinkte trennungswilliger Paare, heißt es da.

Wer mit der Scheidung einen neuen Lebensabschnitt einleiten will, plant manchmal sogar gleich ein Fest. "Ich habe meine ganze Clique eingeladen. Ich hatte wirklich allen Grund zum Feiern! Sekt, Spaß ohne Ende und dann Party bis in die frühen Morgenstunden", erzählt Johanna (36) in einem Online-Forum.

Käßmann: "Eine Scheidung ist eine Erschütterung"

Deutlich besinnlicher geht es in Gottesdiensten für getrennt Lebende und Geschiedene zu, die mittlerweile von evangelischen wie von katholischen Kirchengemeinden angeboten werden. "Das Thema ist sehr breit in den Kirchen angekommen", urteilt der evangelische Pfarrer Armin Beuscher aus Köln. Er gehörte zu den ersten, die Gottesdienste organisierten für Menschen, die unter Trennung und Scheidung leiden. Die evangelische Kirche ermutige Pfarrer dazu, liturgische Texte für diesen Anlass zu schreiben und betroffenen Gemeindemitgliedern ein entsprechendes Angebot zu machen, sagt Beuscher. Ein offizielles Scheidungsritual gibt es in der evangelischen Kirche nicht.

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Die ehemalige evangelische Bischöfin Margot Käßmann empfiehlt als kirchliches Ritual nach einer Trennung zum Beispiel das gemeinsame Abendmahl. "Es ist ein Zeichen, durch das Menschen sagen: Wir trennen uns. Aber das, was wir geteilt haben, bleibt wertvoll, da gibt es auch Frieden", sagte sie dem Portal evangelisch.de. "Eine Scheidung ist eine Erschütterung", urteilt sie. Man verabschiede sich von einem Menschen, aber auch von einem Lebensentwurf. 

Schwieriger ist die Handhabung in der katholischen Kirche. Denn hier ist die Ehe ein Sakrament und damit unauflöslich - "bis dass der Tod euch scheidet". Auch eine Wiederverheiratung in der Kirche ist ausgeschlossen. "Viele fühlen sich doppelt bestraft und denken: Meine Ehe ist kaputt, und jetzt verliere ich auch den Halt der Kirche", sagt der Pastoralreferent Martin Bartsch vom Erzbistum Köln: "Wir laden Betroffene zu Gottesdiensten ein, um zu zeigen, dass Gott sie nicht verlassen hat. Dies soll ein Zeichen der Wertschätzung sein."

Es hört dort auf, wo es angefangen hat

In Gottesdiensten für Getrennte werden den Teilnehmern oft unterschiedliche Stationen angeboten. Sie reichen etwa von "Krise-Katastrophe-Scheitern" über "Austausch-Kommunikation-Auseinandersetzung" bis hin zu "Trost-Gemeinschaft-Hoffnung" und "Neubeginn". Eingestimmt durch Gebete, Musik und Lesungen sind die Gläubigen eingeladen, sich zu den Stationen zu begeben, an denen sie sich mit Trennung, Schmerz und Neubeginn auseinandersetzen können.

Nach dem Segensgebet hätten sie zudem die Gelegenheit, sich auch persönlich segnen zu lassen, sagt Martin Bartsch: "Gerade der Einzelsegen ist vielen besonders wichtig." Viele hätten das Bedürfnis zu spüren, dass es Gottes Segen noch für sie gebe. Zudem ist der Gottesdienst für viele ein heilsamer Abschluss: "Jetzt ist es rund", habe einmal eine betroffene Frau zu ihm gesagt, erzählt Bartsch: Vor dem Altar hat es angefangen und dort hört es auch auf.